Al Jazeera (arabisch الجزيرة al-Dschazīra), im deutschsprachigen Raum
zuweilen auch Al Dschasira (übersetzt „Die Insel“ oder „Die Arabische
Halbinsel“), ist ein arabischerNachrichtensender mit Sitz in Doha, Katar, der
1996 den Sendebetrieb aufnahm. 2006 ging der Schwestersender in englischer
Sprache, Al Jazeera English, auf Sendung.
Geschichte, Arbeit und Wirkung
Al Jazeera hat vier Funkhäuser in Katar, Kuala Lumpur, London und
Washington, D.C.
Im März 2010 gab der damalige Generaldirektor Wadah Khanfar an, Al
Jazeera berichte aus 65 Ländern über die ganze Welt. Der englischsprachige
SenderAl Jazeera English erreiche ungefähr 190 Millionen Menschen.
Viele Journalisten von Al Jazeera wurden bei der BBC ausgebildet. Von 2002
bis 2012 leitete der syrische Journalist Aktham Suliman als Deutschland-
Korrespondent das Berliner Büro.
Der arabische Medienexperte Sultan Sooud Al-Qassemi weist darauf hin,
dass das arabischsprachige Programm von Al Jazeera eine ganz andere Linie
vertritt als das englischsprachige Programm. Das arabischsprachige Pro-
gramm, das eine viel größere Einschaltquote hat, versteht sich als Propa-
gandainstrument der Muslimbruderschaft mit Yusuf al-Qaradawi als spiri-
tueller Führungsfigur, die regelmäßig zum Heiligen Krieg aufruft.
Nach Beobachtung der Nahostexpertin Petra Ramsauer trägt das arabisch-
sprachige Programm von Al Jazeera wesentlich zur islamistischen Radi-
kalisierung des arabischen Raumes bei.
Im arabischssprachigen Raum ist Hauptmitbewerber von Al Jazeera der
saudische Sender Al-Arabiya und teilweise auch BBC Arab.
Al Jazeeras Rolle während des “Arabischer Frühling (ab 2011)
Bei verschiedenen Ereignissen des arabischen Frühlings nahm Al Jazeera Einfluss
auf die Proteste und stellte sich teilweise offen auf die Seite der Aufständischen.
Am 30. Januar 2011 wurde Al Jazeera im Zuge der Proteste in Ägypten, die zum
Sturz von Husni Mubarak führten, ein Arbeits- und Empfangsverbot verordnet und
die Akkreditierungen der Journalisten für ungültig erklärt. In den darauffolgenden
Tagen wurden mehrere Journalisten und der Bürochef des Senders vorübergehend
inhaftiert. Am 4. Februar 2011 griffen Unbekannte das Kairoer Büro an und
zerstörten die Ausrüstung.
Auch während der Proteste gegen Muammar al-Gaddafi in Libyen, die sich zum
Bürgerkrieg und zum Sturz des Diktators ausweiteten, spielte Al Jazeera eine
aktive Rolle.
Al Jazeera meldete am 22. Februar 2011, dass sein Satelliten-Signal von Arabsat in
Libyen mit Störsendern gestört wurde. Nach Angaben des Senders stammte das
Störsignal von Einrichtungen des libyschen Geheimdienstes, südlich der Haupt-
stadt Tripolis. Auch die Homepage des Senders war in Libyen nicht erreichbar.
Gleichzeitig veröffentlichte der Sender Alternativfrequenzen auf Nilesat, Badr4
und Hotbird.
Am 12. März 2011 wurde ein Kameramann Al Jazeeras in der Nähe der libyschen
Hafenstadt Bengasi erschossen. Al Jazeera teilte mit, Ali Hassan al-Jaber sei mit
seinem Team in einen Hinterhalt geraten und bewertete die Tat als einen gezielten
Anschlag gegen Angehörige des Senders.
Während der Proteste in Bahrain war Al Jazeera das einzige ausländische
Fernsehteam im Land. Die Aufnahmen wurden im August 2011 in einer
einstündigen Dokumentation ausgestrahlt.
Im September 2011 trat Generaldirektor Wadah Kanfar zurück, sein Posten wurde
mit Scheich Ahmad bin Jasem bin Muhammad al-Thani von einem Mitglied
der katarischen Herrscherfamilie besetzt. Der Wechsel wurde nicht begründet.
Am 28. April 2013 entzog die irakische Kommunikations- und Medienkommission
zehn Fernsehsendern, darunter auch Al Jazeera, die Sendelizenz mit der Begründ-
ung, dass deren Berichterstattung Gewalt, abtrünniges Verhalten und Sektierertum
schüre.
2017: Isolation Katars und Bann Al Jazeeras
Im Mai 2017 besuchte US-Präsident Trump Saudi Arabien und warf dabei Katar
vor, das Land sei Finanzier von Terrorismus und das auf sehr hohem Niveau.
Anfang Juni 2017 brachen Ägypten, Bahrain, Saudi-Arabien, die Vereinigten
Arabischen Emirate und wenig später auch der Jemen, Libyen, die Malediven
sowie Mauritius ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar ab und schlossen alle
Grenzen zu dem daraufhin fast isolierten Land.
Ende Mai 2017 sperrten Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Ver-
einigten Arabischen Emirate die Website von Al Jazeera. Saudi-Arabien
schloss das Büro des Senders und entzog ihm zeitgleich die Sendelizenz.
Daraufhin schloss sich die jordanische Regierung diesem Vorgehen an und
kündigte ebenfalls an, das Studio des Senders in der Hauptstadt Amman zu
schließen sowie ihm die Lizenz zu entziehen.
Inmitten dieser Krise kam es am 9. Juni 2017 zu massiven Hackerangriffen auf
den Sender. Nach eigenen Angaben waren zeitweise sowohl die Website als auch
weitere digitale Plattformen der Mediengruppe davon betroffen. Medienberichten
zufolge fiel das Programm des Senders auf einigen Übertragungswegen aus.
Auch die staatliche Nachrichtenagentur Katars war mit ihrer Webpage nicht mehr
erreichbar. Das englisch- und arabischsprachige Angebot war zeitgleich mit den
Angriffen auf Al Jazeera nicht mehr erreichbar.
Nachdem eine Anzahl von arabischen Ländern Al Jazeera innerhalb weniger Tage
die Sendelizenz entzogen und seine Büros schlossen, sagte Christian Mihr von
Reporter ohne Grenzen: „Was Al Jazeera in diesen Tagen erlebt, ist eine offen-
sichtlich international abgestimmte Kampagne unverhohlener politischer Zensur.
... Mit dieser massiven Repressionswelle gegen einen Nachrichtensender von
internationaler Bedeutung demonstrieren Saudi-Arabien und seine Verbündeten
ihre völlige Geringschätzung der Medienfreiheit.“
Al Jazeera wurde wiederholt von verschiedenster Seite kritisiert. Je nach
kritisierender Partei wurde dem Sender vorgeworfen, für Saddam Hussein, al-
Qaida oder den Mossad Partei zu ergreifen oder ein Produkt der CIA zu sein.
Im Irak-Krieg wurde Al Jazeera von der US-Regierung beschuldigt, gegen die
dritte Genfer Konvention verstoßen zu haben. Der Sender hatte Bildmaterial von
gefangenen US-Soldaten, unter anderem beim Verhör, gezeigt. Al-Jazeera-Mit-
arbeiter warfen den USA wiederum Doppelmoral vor. Im gleichen Krieg hatten
US-Fernsehsender Bildmaterial von der Gefangennahme von Irakern, etwa von
Saddam Hussein, gezeigt; US- und weltweite Medien hatten die medizinische
Erstuntersuchung des gefangenen irakischen Präsidenten gefilmt und ausgestrahlt.
Die Produktion dieses Bildmaterials war unter der Leitung von US-Militärpersonal
erfolgt.
Besonders harsche Kritik äußerte Donald Rumsfeld, der den Sender regelmäßig
wegen des Verbreitens von Meldungen irakischer Extremisten attackierte und
behauptete, der Sender sei vonTerroristen infiltriert.
Im Juni 2003 kritisierte Ataullah Mansur in einem Artikel der arabischsprachigen
Zeitung Al-Quds die Darstellung der palästinensischen Lebensbedingungen
auf Al Jazeera. Anstatt die reale Notsituation zu zeigen, welche Friedensverhand-
lungen notwendig gemacht hätte, versuche der Sender, „einen Keil zwischen die
arabischen Völker und ihre Regierenden zu treiben“, und verkünde, „das einzige
Licht auf dem Weg der arabischen Völker sei in der Intifada und den Steinen zu
erkennen“, was nicht helfe, die Notlage der Palästinenser zu beheben.
Am 23. September 2004 verbot die irakische Regierung Al Jazeera und Al-
Arabija für zwei Wochen die Berichterstattung über die offiziellen Regierungs-
tätigkeiten wegen angeblicher Unterstützung von Angriffen auf Mitglieder des
Regierungsrats und auf Besatzungstruppen.
Einige Iraker beschuldigten den Sender, durch das Ausstrahlen von Erklärungen
irakischer Widerstandsführer zur Gewalt gegen die Besatzer aufgehetzt und
ethnische bzw. religiöse Spannungen verstärkt zu haben und den „gesetzlosen
Widerstand“ zu unterstützen.
Saudischen Firmen wurde es durch das saudi-arabische Königshaus
verboten, Werbung bei Al Jazeera zu platzieren. Die saudische Regierung
versuchte gleichwohl mehrmals, einen mehrheitlichen Anteil an Al Jazeera zu
kaufen und damit die Kontrolle über den Sender zu erlangen, scheiterte jedoch
dabei.
Am 19. Mai 2010 erhielt der Sender in Bahrain ein Arbeitsverbot. Als Grund
wurden der Bruch der professionellen Medienrichtlinien und die Missachtung von
Gesetzen genannt. Es wird vermutet, dass ein kurz zuvor gesendeter Bericht über
Armut in Bahrain die dortigen Behörden verärgert haben könnte. Al Jazeera
betonte in einer Erklärung, dass es seine Richtlinien für Berichterstattung nicht
ändern werde.
Im Zuge der Berichterstattung Al Jazeeras über die Revolution in Ägypten
2011 wurde die enorme meinungsbildende Kraft des Senders kritisch hinter-
fragt: Der Sender berichte nicht nur, sondern ergreife auch eindeutig Partei. Einige
westliche Beobachter bezeichneten den Sender gar als treibende Kraft der Proteste.
Dem israelischen Historiker und NahostexpertenItamar Rabinovich zufolge habe
„Al-Dschasira schon vor langer Zeit aufgehört, ein Medium im klassischen Sinne
zu sein“, sondern gebe sich her „als politisches Instrument für eine natio-
nalistische und islamistische Agenda.“
Der Journalist und Terrorismusexperte Elmar Theveßen kritisierte „eine
Entwicklung hin zu einem parteilichen Sender“.
Beim englischsprachigen Programm des Senders beobachtet Theveßen dagegen
„ein hohes Interesse an Unabhängigkeit und Meinungsfreiheit. Die Berichter-
stattung des englischen Al-Dschasiras in den vergangenen Tagen war großartig.“
Die New York Times beklagte, dass zwar im Weißen Haus der unbestreitbar
einzigartige („indisputably unique“) Sender Al Jazeera zur Beobachtung der
Proteste im Nahen Osten benutzt werde, den meisten Amerikanern diese Möglich-
keit aber verwehrt sei, da nahezu alle Kabel- und Satellitenbetreiber Al Jazeera aus
ihrem Programm verbannt hätten.
Carola Richter resümierte in der Zeit, „die emotionale Verbrüderung mit Opfern
einer als ungerecht empfundenen Politik“ sei für den arabisch-sprachigen Kanal
nicht neu, „der westliche Enthusiasmus darüber schon“. Dabei habe sich der
Sender seit seiner Gründung 1996 „zum Schrecken nahezu aller autoritären
Herrscher der Region entwickelt“. Als im Westen „vermeintlich anti-amerikanisch
berüchtigt“, spiele er in den arabischen Ländern „vornehmlich die Rolle des
Korrektivs einer von den Regimes domestizierten Medienlandschaft“. Es gäbe
„fast kein arabisches Land, in dem der Sender nicht schon einmal verboten wurde.“
Aktham Suliman, der ehemalige Deutschland-Korrespondent von Al Jazeera und
Leiter des Büros des Nachrichtensenders Al Jazeera in Berlin seit Februar 2002,
verließ den Sender im Oktober 2012 und erhob im Dezember in der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung den Vorwurf einer seit 2004 schleichenden und mittler-
weile massiven (außen)politischen Einflussnahme der qatarischen Regierung
auf den Sender in Richtung positive Berichterstattung zu Gunsten von
„muslimbruderschaftlichen“ Gruppen, „die von Qatar in allen arabischen
Ländern unterstützt wird“: „Der Nachrichtensender Al Dschazira war der Wahr-
heit verpflichtet. Jetzt wird sie verbogen. Es geht um Politik, nicht um Journalis-
mus. Für die Reporter heißt das: Zeit zu gehen. […] Die Talfahrt zwischen 2004
und 2011 war schleichend, unterschwellig und sehr langsam, doch mit einem
katastrophalen Ende.“
Ähnliche Vorwürfe einer unausgewogenen Berichterstattung zugunsten der
Muslimbrüder und von Katar konstatierte auch The Economist im Januar 2013.
Der ägyptische Ableger des Senders Al Dschasira Mubashr Misr hatte in der
ägyptischen Regierungskrise unkommentiert rund um die Uhr Bilder von Demon-
strationen zugunsten des damals abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi gesen-
det und gilt spätestens seit dem vielen Ägypten als Sprachrohr der Muslim-
brüder.
Bei einem Bericht über Angriffe der Ägyptischen Luftwaffe gegen Stellungen des
IS in Libyen im Februar 2015 verwendete Al Jazeera Bilder toter Kinder aus
einem Krankenhaus in Marokko und gab sie fälschlich als Bilder von Opfern der
Luftangriffe aus.
Al Jazeera kann in Deutschland über folgende Satelliten digital empfangen
werden: Astra, Hotbird, Arabsat , Nilesat .
Das englische und das arabische Programm können in Deutschland auch über die
Internet-Fernseh-Dienste Livestation , Zattoo und Magine TV empfangen werden.
Die Deutsche Telekom hat den Sender Anfang Juli 2015 aus dem Programm-
angebot von Telekom Entertain genommen.
Daneben wird Al Jazeera English über digitales Kabel, Satellit (auch in HD),
Video- und Audio-Livestream sowie YouTube verbreitet.
Al Jazeera betreibt zahlreiche Spartensender neben dem ursprünglichen
Nachrichtensender. Außerdem gehören mehrere begleitende Webseiten, sowie ein
Fortbildungszentrum und ein Forschungszentrum zum Medienkonzern Al
Jazeera.
Weiterhin veranstaltet Al Jazeera in Doha ein jährliches internationales
Dokumentarfilmfestival.
Im September 2006 übernahm der Kinderkanal von Al Jazeera 78 Folgen der
RBB-Sendung Unser Sandmännchen.
Seit dem 15. November 2006 läuft der englischsprachige Nachrichtenkanal von
Al Jazeera, Al Jazeera English.
Am 11. November 2011 nahm Al Jazeera Balkans (AJB), der erste europäische
Ableger der Sendergruppe, in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo seinen
Sendebetrieb auf.
Der Fernsehkanal, der von einer Webseite begleitet wird, richtet sich an Ange-
hörige der Nachfolgestaaten Jugoslawiens und sieht sich als ersten regionalen
Informationssender in der über 35 Millionen Menschen umfassenden Region.
Er sendet zunächst sechs Stunden täglich in den in weiten Teilen identischen
Sprachen Kroatisch, Serbisch, Montenegrinisch und Bosnisch, während zum Rest
der Sendezeit noch englischsprachige Programmübernahmen von Al Jazeera
English zu sehen sind.
Al Jazeera Mubasher Misr wurde im Zuge der Krise um Katar im Juni 2017 in
Ägypten durch die dortige Regierung abgeschaltet.
Quelle: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Al_Jazeera)
dort gibt es weitere Quellenangaben (Stand Juni 2017)