Erstmals seit seiner Flucht in die Botschaft Ecuadors vor zwei Monaten zeigt sich
Julian Assange der Öffentlichkeit. Auf dem Balkon dankt er dem ecuadorianischen
Präsidenten Correa für seinen Mut, ihm politisches Asyl zu gewähren - und richtet
einen Appell an die USA und Präsident Obama.
Gefeiert von einer Unterstützerschar und unter großer medialer Aufmerksamkeit hat Julian Assange auf
dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft sein Schweigen gebrochen.
In einer wenige Minuten dauernden Rede dankte er seinen Unterstützern, die mit
ihrem Erscheinen die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Botschaft gerichtet und so
verhindert hätten, dass die britischen Behörden die Botschaft stürmten. Assange
behauptete, dass er nachts Polizeieinheiten gehört habe, die durch das
Notausgangsystem in das Gebäude eingedrungen seien. Er dankte auch Ecuadors
Präsidenten Rafael Correa für den "Mut, den er gezeigt hat", indem sein Land ihm
politisches Asyl gewährte.
Wie Wikileaks seien die Meinungsfreiheit und "das Wohlbefinden all unserer
Gesellschaften" bedroht. In seinem Statement forderte er US-Präsident Barack
Obama auf, die Hexenjagd auf Wikileaks und auf die Mitarbeiter der
Enthüllungsplattform einzustellen. Der "Krieg gegen Whistleblower", den die
Amerikaner führten, müsse aufhören, Bradley Manning müsse freigelassen werden.
"Wenn Manning wirklich getan hat, was man ihm vorwirft, dann ist er ein Held, ein
Vorbild für uns alle - und einer der herausragenden politischen Häftlinge der Welt."
Zum EU-weiten Haftbefehl oder zu den Vergewaltigungsvorwürfen äußerte sich
Assange nicht.
Vor dem Gebäude standen mehrere hundert Sympathisanten, die mit Parolen wie "I
am Julian" ihre Unterstützung für den Wikileaks-Gründer demonstrierten. Auch eine
Hundertschaft der Polizei war am Ort.
In Schweden soll Assange zu Vorwürfen befragt werden, er habe zwei Frauen
sexuell belästigt beziehungsweise vergewaltigt. Der Australier fürchtet nach eigener
Aussage, im Fall einer Auslieferung an Schweden weiter in die USA überstellt zu
werden. Nach übereinstimmenden Angaben aus den USA, Schweden und
Großbritannien hat Washington jedoch bisher keine Schritte unternommen, um seine
Auslieferung zu erreichen. Wikileaks hat mit der Veröffentlichung vertraulicher US-
Diplomatendepeschen und brisanter Dokumente aus den Kriegen in Irak und
Afghanistan den Zorn der USA auf sich gezogen.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/auftritt-von-wikileaks-gruender-
assange-beschuldigt-usa-einer-hexenjagd-auf-wikileaks-1.1444836