Attentat in Charlottesville 2017
Kontroverse um Reaktion von Donald Trump
Erste Stellungnahme Trumps
US-Präsident Donald Trump verurteilte in einer Pressemitteilung die Gewalt; diese
komme „schon seit einer ganzen Weile von vielen Seiten, von vielen Seiten“
Trumps Äußerungen wurden, auch aus Reihen der Republikaner, als unange-
messen und unspezifisch kritisiert. Anders als es sonst seine Art sei, nenne er „in
diesem Fall das Problem nicht beim Namen“.
So äußerte Cory Gardner: „Mr. President – wir müssen das Böse beim Namen
nennen. (…) Das war inländischer Terrorismus.“ Brian Schatz kommentierte
Trumps Äußerung mit: „Es ist nicht zu viel verlangt, einen Präsidenten zu haben,
der Nazis deutlich verdammt.“[
Ein FAZ-Kommentator schrieb: „Geht es um Rechtsextreme, wird er ganz leise. Es
sind die Geister, die er rief.“ Ein CNN-Kommentator wertete Trumps Statement
als „incredibly unpresidential“; ein Kommentator der Washington Post schrieb
„Trump babbles in the face of tragedy“.]
US-Senator John McCain schrieb in einer Stellungnahme unter anderem:
“White supremacists and neo-Nazis are, by definition, opposed to American
patriotism and the ideals that define us as a people and make our nation
special. […] As we mourn the tragedy that has occurred in Charlottesville,
American patriots of all colors and creeds must come together to defy those
who raise the flag of hatred and bigotry.”
Anthony Scaramucci kritisierte Trumps Äußerung („Ich hätte ihm nicht
empfohlen, diese Stellungnahme abzugeben“) und äußerte, Trump sollte deutlich
härter im Umgang mit weißen Nationalisten sein. Der Einfluss von White House
Chief Strategist Steve Bannon behindere die Arbeit des Präsidenten.
Kenneth Frazier, CEO des Pharmaunternehmens Merck & Co., kündigte als
Reaktion auf die Aussage Trumps an, aus einem Berater-Gremium (Manufacturing
Council) auszutreten. Damit wolle er „Farbe gegen Intoleranz und Extremismus
bekennen“. Darauf gaben die CEOs von Intel und Under Armour, Brian Krzanich
und Kevin Plank, ebenfalls ihre Posten in diesem Industrierat auf.
Zweite Stellungnahme Trumps
Am 14. August, zwei Tage nach dem Anschlag, reagierte Trump auf die Kritik und
äußerte sich ein zweites Mal: Rassismus sei ein Übel, und wer in dessen Namen
Gewalt anwende, sei kriminell. Der Ku-Klux-Klan, Neonazis und die Alt-Right-
Bewegung seien abstoßend und handelten gegen alles, was Amerikaner wert-
schätzen würden. Solche Gruppen voller Hass hätten keinen Platz in Amerika.
Trump las sein Manuskript ab. Fragen waren nicht zugelassen. Der Washington-
Korrespondent des Guardian schrieb, Trump habe das Statement offensichtlich
unwillig (reluctant) vorgelesen.
Dritte Stellungnahme Trumps
Am 15. August gab Trump eine dritte Stellungnahme zu den Ausschreitungen und
zum Anschlag ab. Er bekräftigte seine Aussage aus der ersten Stellungnahme, dass
beide Seiten für die Eskalation verantwortlich seien und nutzte dabei den Begriff
„alt-left“, ein bisher praktisch unbekannter politischer Begriff.
Er, Trump, sei sich sicher, dass auf der rechtsextremen Demo nicht alle Teil-
nehmer Neonazis gewesen seien, sondern auch „sehr anständige Leute“. Ob man
die tödliche Fahrzeugattacke als Terror bezeichnen könne, wisse er nicht. Jim
Acosta, der als CNN 'Senior White House Correspondent' an der Pressekonferenz
teilnahm, sagte, der Präsident sei „vollkommen entgleist“ und es sei schockierend
gewesen, dies zu beobachten.
Mit Richard Trumka, Präsident der wichtigsten US-Gewerkschaft AFL-CIO,
verließ daraufhin das insgesamt fünfte Mitglied das Manufacturing Council.
Trumka warf Trump vor, „mit seinen jüngsten Bemerkungen seine aufgezwungene
Erklärung zu den Vorfällen vom Vortag zu widerrufen.“ Weiter äußerte Trumka:
„Wir können nicht dem Beirat eines Präsidenten angehören, der Intoleranz und
heimischen Terrorismus toleriert.“ Zuvor, noch vor dem dritten Statement Trumps,
war auch Scott Paul, Präsident des Alliance for American Manufacturing aus dem
Beratergremium ausgetreten. Nach Trumka verließen noch fünf weitere Berater
das Gremium.
Der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke twitterte kurz nach Trumps
drittem Statement: „Thank you President Trump for your honesty & courage to tell
the truth about #Charlottesville & condemn the leftist terrorists in BLM/Antifa“.
Die New York Times wertete Trumps Behauptungen als „deutliche Stärkung“ für
die Vertreter der White Supremacy. Die Washington Post schrieb, Trumps
Rhetorik und sein Gebaren beim zweiten und beim dritten Statement hätten
verschiedener kaum sein können.
Senator Marco Rubio (Republikaner) äußerte, Vorstellungen von weißer Über-
legenheit seien abstoßend. Man dürfe diese Gruppen nicht relativieren.
Republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses, z.B. Tim Scott (South
Carolina), Charlie Dent (Pennsylvania) und Steve Scalise (Louisiana) kritisierten
Trump nach seiner Rede scharf.
Auch Bundesjustizminister Heiko Maas kritisierte Trumps Statement.
Latenight-Show-Moderatoren am Abend des 15. August kritisierten Trump scharf;
ABC-Moderator Jimmy Kimmel z.B. äußerte “I feel like I can say this with
reasonable certainty: The president is completely unhinged.”[43]
Der ehemalige CIA-Chef John Brennan schrieb in einem offenen Brief, Trumps
Worte und die Einstellung, die sie repräsentieren, seien „eine nationale Schande“;
mit seinen Worten setze Trump die „nationale Sicherheit und unsere gemeinsame
Zukunft einem großen Risiko aus“.
Auflösung zweier Wirtschaftsgremien durch Trump
Nachdem als Reaktion auf die Aussagen Trumps mehrere CEOs von Firmen, die
der US-Regierung in beratender Funktion zur Seite standen aus dem „Manufactur-
ing Council“ ausgetreten waren, löste Trump diese sowie ein weiteres Gremium,
das „Strategy & Policy Forum“, auf. Wie US-Medien berichten, hatte mindestens
eines der Gremien vor der Selbstauflösung gestanden. Wie die New York Times
und die Washington Post feststellten, kam Trump mit seinem Schritt dem Unver-
meidlichen nur zuvor, um in der Außenwirkung als der Handelnde dazustehen.