Zwei Wochen vor der Parlamentswahl wurden der österreichischen Tageszeitung
"Die Presse" und dem Nachrichtenmagazin "Profil" Dokumente zugespielt, die
belegen sollen, dass die SPÖ möglicher Finanzier einer Facebook-Seite ist, die
angeblich Fake-News über ÖVP-Chef Kurz verbreite.
SPÖ-Chef Christian Kern versuchte die Vorwürfe in einer kurzfristig einberufenen
Pressekonferenz zu entkräften: "Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass wir mit
diesen Inhalten aus diversen Schmutzkübeln nichts zu tun haben wollen." Von
Seiten der Partei habe es keine Unterstützung gegeben. Das habe ihm der SPÖ-
Bundesgeschäftsführer versichert. Vielmehr sei das Vertrauen der Partei miss-
braucht worden.
Kern verwies auf den israelischen Politikberater Tal Silberstein, den die SPÖ als
Wahlkampfberater angeheuert hatte. Auch ein Partei-Mitarbeiter sei involviert
gewesen, gab Kern zu. Als Konsequenz aus dem Skandal war SPÖ-Bundesge-
schäftsführer Georg Niedermühlbüchler zuvor zurückgetreten.
Aus den der "Presse" und "Profil" vorliegenden Dokumenten geht hervor, dass
Silberstein mit einem kleinen Team die Schmutzkampagne konzipierte, und zwar
neben der offiziellen Kampagne für die SPÖ. Konkret sollen auf Facebook die
vorgebliche Fanseite "Wir für Sebastian Kurz" und die “fremdenfeindliche” Seite
"Die Wahrheit über Sebastian Kurz" betrieben worden sein.
Die Autorin des "Presse"-Artikels, Anna Thalhammer, sagte dazu: "Ich habe nicht
die geringsten Zweifel, dass die Dokumente echt sind und die Aussagen im Artikel
belegen". Aus Gründen des Quellenschutzes könne sie allerdings die Dokumente
nicht veröffentlichen.
Jedenfalls solle in den ihr vorliegenden Unterlagen mehrfach der Name Paul
Pöchhacker auftauchen. Er sei eines von drei Mitgliedern der Wahlkampagnen-
eitung, so Talhammer. Pöchhacker antwortete nicht auf Anfragen der "Presse", er
ist seit längerem krankgeschrieben
Was geschah nach dem 17. August? Pöchhacker war Verbindungsmann zu
Silberstein und übernahm nach dessen Ausscheiden dessen Aufgben. Silberstein
erhielt am 17. August von der SPÖ die Kündigung. Zuvor war er in Israel für
einige Tage wegen des Vorwurfs der Geldwäsche festgenommen worden.
Kern erklärte nun bei der Pressekonferenz, nach dem 17. August sei kein Geld
mehr an Silberstein geflossen. Alle Mitarbeiter aus Silbersteins Team seien aus der
SPÖ abgezogen worden. Doch die Aktivitäten der Facebook-Seiten seien fortge-
führt worden. Dabei habe es etwas Bemerkenswertes gegeben, und zwar sei der
Ton der Kampagne massiv beschleunigt worden.
Schwere Angriffe auch gegen Kern
Auf einen weiteren Umstand wies Kern hin: Auch gegen ihn sei eine Kampagne
über die ebenso "brutale" Seite "Die Wahrheit über Christian Kern" gelaufen,
die nun ebenfalls offline ist. Zwei Drittel des veröffentlichten Materials bestehe
aus Bezichtigungen und Herabwürdigungen gegen seine Person. Auch sei Material
aus der SPÖ-Kampagne an die Öffentlichkeit gespielt worden. Er sprach dabei von
illoyalen Mitarbeitern und Querverbindungen zu anderen Parteien.
In den sozialen Medien wird spekuliert, dass die Angriffe auf Kern und die SPÖ
Teil des perfiden Spiels sein könnten, in dem von Anfang an geplant gewesen sei,
die Fake-Seiten zu Lasten der SPÖ auffliegen zu lassen.
In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass die Facebookseiten
den "Presse"-Recherchen zufolge von Kampagnenspezialist Peter Puller befüllt
wurden. Er ist in Österreich für zweifelhafte Wahlkampfmethoden bekannt und
arbeitete für verschiedene Parteien und Aktionen von der ÖVP über die liberale
Partei NEOS bis hin zur Initiative "Stop Extremism" gegen Terrorismus und
Extremismus.
Auch investigative Journalisten in Österreich sind sich uneins darüber, was von
den Enthüllungen zu halten ist. So schreibt der "Presse"-Chefredakteur Rainer
Nowak in einem Kommentar, bei den SPÖ-Verschwörungstheorien handle es sich
um eine "Täter-Opfer-Umkehrung". Florian Klenk, Chefredakteur des Wiener
Magazins "Falter", twitterte hingegen: "Irgendwas stimmt da nicht mit diesen
Facebook-Dreckwerfseiten gegen Kurz und Kern und dem Umstand wie das jetzt
inszeniert öffentlich wird."
Ein schmutziger Wahlkampf
Der Wahlkampf wird jedenfalls von weiteren unlauteren Kampagnen begleitet: So
beklagte Christian Kern, dass "diverse Dossiers" über Unternehmensbeteiligungen
seiner Frau verschickt worden seien.
Die Journalistin Anna Talhammer gibt Kern bei diesem Aspekt insofern recht, als
dass dessen Frau in Sippenhaft genommen werde und eine Rufschädigung im
Raum stehe, während das vorgelgte Material wenig Substanz habe. Deshalb habe
bislang aber auch nur eine Boulevardzeitung Material daraus veröffentlicht.
Kern gelobte nun Aufklärung über die Verbindungen zu Silberstein und seinem
Team.
Quelle: http://faktenfinder.tagesschau.de/ausland/oesterreich-sozialdemokraten-skandal-
103.html