Drittes Geschlecht bezeichnet Personen, die sich in das
zweifache Geschlechtssystem nicht einordnen lassen. Die
Bezeichnung prägte der Schriftsteller Ernst von Wolzogen
erstmals im deutschen Sprachraum 1899 in seinem Roman
Das dritte Geschlecht, um eine bisexuelle Person zu beschreiben. In
einigen Gesellschaften ist ein drittes soziales Geschlecht neben Mann
und Frau als üblich angesehen (siehe auch Geschlechtsidentität und
Gender).
In Platons Symposion erzählt der Komödiendichter Aristophanes von
den Kugelmenschen. Diese mythischen Wesen der Antike kannten
bereits ein drittes Geschlecht: Manche Kugelmenschen waren rein
männlich, andere rein weiblich, wiederum andere – die andrógynoi –
hatten eine männliche und eine weibliche Hälfte. Die rein männlichen
Kugelmenschen stammten ursprünglich von der Sonne ab, die rein
weiblichen von der Erde, die androgynen vom Mond.
In der europäischen Kulturgeschichte erhielten insbesondere
Gesangskastraten die Benennung homines tertii generis (Menschen
des dritten Geschlechts). So sah sich zum Beispiel der Kastrat Filippo
Balatris einem dritten Geschlecht zugehörig. In seiner autobio-
grafischen Dichtung Frutti del mondo schreibt Balatris im Jahr 1735:
„…obwohl ich doch ein Neutrum bin, ein Hauptwort mit dem Artikel
‚das‘.“
Two Spirit (original: niizh manidoowag) ist die aus der Sprachen-
gruppe Ojibwa ins Englische übersetzte Bezeichnung für ein drittes
Geschlecht, das es im von der westlichen Kultur abweichenden
Geschlechtermodell bei vielen alten nordamerikanischen Indianer-
stämmen gegeben hat. Two-Spirit bedeutet, dass zwei Seelen in einem
Körper vereint sind. Die Bezeichnung Two Spirit wurde in den 1990er
Jahren als Ersatz für die in der anthropologischen Literatur üblichen,
jedoch als diskriminierend empfundenen Bezeichnung Berdache
geprägt.
Es war dort üblich, Jungen oder Mädchen (meist noch vor der
Pubertät), die in ihrem Verhalten und ihren Fähigkeiten zu dem
anderen als ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht neigten, als
Two-Spirits anzusehen. Das Geschlecht, dem eine Person sich
zugehörig fühlte und von welchem Geschlecht eine Person sich
angezogen fühlte, also mit welchem Geschlecht eine Person Sex haben
mochte, waren zwei voneinander getrennte Dinge in der damaligen
indianischen Kultur. Damit war eine Frau, die sich anzog und verhielt
wie ein Mann oder umgekehrt, nicht mit einem Mann
beziehungsweise einer Frau im üblichen Sinne gleichzusetzen,
sondern nahmen eine besondere Stellung in der indianischen
Gesellschaft ein. Sie wurden oft als Menschen mit besonderen Kräften
und Fähigkeiten verehrt. So waren Two-Spirits mit einem von Geburt
an männlichen Körper oft Heiler und Two-Spirits mit einem von
Geburt an weiblichen Körper oft Krieger oder Häuptling. Sie gingen
mit dem gleichen wie ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht
eine Partnerschaft ein. Trotzdem sind sie im herkömmlichen Sinne
nicht als homosexuell zu betrachten, weil sie weder ihr bei der Geburt
zugewiesenes Geschlecht beibehielten, noch es tauschten, wie es bei
Transsexuellen der Fall ist, sondern nach indianischer Auffassung ein
drittes Geschlecht darstellten. So waren in der indianischen Kultur
Männer, die mit einem als Mann geborenen Two-Spirit geschlecht-
lichen Verkehr hatten, deshalb nicht als schwul anzusehen. Die als
Mann geborene Two-Spirit nahm beim Geschlechtsverkehr die passive
Rolle und nicht die für den Mann typische aktive Rolle an.