Drohnenangriffe sind jedenfalls juristisch problematisch und in  Hinblick auf
das Meuchelmordverbot lässt sich darüber streiten, ob die für die Opfer
unsichtbaren Drohnen ein heimtückisches Kriegsmittel darstellen.
Rechtsexperte Josef Alkatout erklärt dies folgendermaßen: „Denn die Drohnen,
deren Geschosse aus dem Nichts auftauchen und gegen die sich das Opfer nicht
zur Wehr setzen kann, verursachen ein Summen. Dieses Summen ist in den Ein-
satzgebieten aufgrund der ununterbrochenen Flugzeit allgegenwärtig wie Wind
und Sonne und macht damit kaum auf einen bevorstehenden Angriff aufmerksam.
Anders als bei herkömmlichen Luftangriffen, deren Lärm Warnsirenen auslöst und
einen Bombenabwurf ankündigt – der überdies nur von kurzer Dauer ist – können
sich im Drohnenkrieg weder die Zivilbevölkerung noch die Aufständischen vor der
ununterbrochenen tödlichen Gefahr aus dem Off schützen.
Es ist ein Menschenrecht, bei Gefahr für die eigene körperliche Unversehrt-
heit Schutz zu suchen und zu bekommen. Dies setzt die Möglichkeit voraus, in
einem bewaffneten Konflikt überhaupt flüchten zu können. Die von den Drohnen-
angriffen betroffenen Zivilisten können jedoch nicht flüchten, weil ihnen der Krieg
hinterherfliegt und zudem so, dass sie ihn nicht kommen sehen.
Das simple Wissen um die Existenz eines bewaffneten Konflikts erlaubt es der
betroffenen Bevölkerung normalerweise, Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben
schützen können. Dies ist ihnen im geographisch und zeitlich uneingeschränkten
Drohnenkrieg verwehrt.
Die Zivilisten, die im Drohnenkrieg getroffen werden, sind weder unvorsichtig
noch nachlässig. Es sind nicht einmal Helfershelfer, die nahe an der Front Versor-
gungs- oder Logistikarbeiten verrichten.  Die Front als solche gibt es nämlich nicht
mehr. Genauer gesagt: Es gibt sie eigentlich nur noch und sie ist überall.
Die Zivilisten sind keine Krankenpfleger oder Seelsorger der Militärs. Es sind
Menschen, die sich zufällig in der Nähe einer einer Zielperson aufhalten oder
die fälschlicherweise für eine Zielperson gehalten werden. Was sie von den Unbe-
teiligten herkömmlicher Kriege unterscheidet, ist, dass sie der Drohne nicht ent-
kommen können, egal wie weit sie sich vom Schlachtfeld entfernen; sie werden
vom Schlachtfeld überrannt.
Die Drohne kommt der verbotenen Heimtücke somit gefährlich nahe. Darum
handelt es sich nicht nur semantisch gesehen um Mord – als Abgrenzung zu dem
Straftatbestand ohne Heimtücke, der in manchen Rechtsordnungen Totschlag ge-
nannt wird. Es müsste folgerichtig von gezielter Ermordnung und nicht gezielter
Tötung gesprochen werden.
Einer Drohne kann man sich zudem nicht ergeben, was der Gnadenregel, des Ver-
bots beim Feldzug kein Pardon zu geben, entgegenläuft.
Letztlich fällt als besonders niederträchtig ins Gewicht, dass die Drohnen
offenbar aus Gründen der Kosteneffizienz und Bequemlichkeit (und auf
einer unglücklich gearteten Strategie basierend) losgeschickt werden. Die
Angriffe werden minutiös geplant und ausgeführt; dies ist ein zentraler Unter-
schied zu den herkömmlichen Tötungsfällen im Krieg, die mehr oder weniger als
Nebeneffekt „anfallen“.
Die amerikanische Bürgerrechtsvereinigung (ACLU) argumentierte in einem
Gerichtsverfahren, dass die Politik, bei der Individuen nach einem bürokratischen
Verfahren auf Abschusslisten gesetzt werden und monatelang auf diesen bleiben,
bis eine Drohne auf sie abgefeuert wird, nicht mit der unter dem Kriegsvölkerrecht
erlaubten Schädigungsbefugnis in Einklang zu bringen sei. Es handele sich nicht
um eine unübersichtliche und ausweglose Situation auf dem Schlachtfeld, bei der
einer unter Umständen sein Leben lassen muss, sondern um eine Schreibtischent-
scheidung.
Man mag sich kaum ausdenken, wie die Welt aussähe, wenn diese Art Krieg zu
führen von Gegnern des Westens und anderen Teilnehmern kopiert würde. Der
ehemalige US-Bundesanwalt für den Bezirk Manhatten und jahrzehntelange Ge-
schäftsführer von Human Rights Watch Kenneth Roth erklärt: „Wir liefern der
Welt eine gute Entschuldigung dafür, die Genfer Konvention zu missachten.“
(S.115ff.*)
*) Josef Alkatout, “Ohne Prozess - Die Entrechtung unserer Feinde
        im Kampf gegen den Terror”, 2018 Promedia Verlag