Alkatout bemerkt hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen zu Drohnenein-
sätzen: „Die Obama-Administration bestand stets darauf, dass die Drohnenangriffe
zumindest auf nationaler Ebene gesetzeskonform abliefen. Es gab aber gar kein
Gesetz, das sich hierauf bezogen hätte. Weder US-Kongress noch eine Bundesbe-
hörde hatten sich je damit befasst, kein Gericht je die angebliche rechtliche Zuläs-
sigkeit bestätigt.
Das „Gesetz“, auf dessen Konformität sich die Obama-Regierung berief, war
in Wirklichkeit ihr eigenes: Es waren von Regierungsjuristen im Geheimen
ausgearbeitete Regeln, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht
wurden.
Darum war für niemanden ersichtlich, ob sich die von Obama beorderten Militärs
wenigstens an diese – von ihnen und für sie aufgestellten – Regeln hielten. Regeln,
von denen sich später herausstellen sollte, dass sie handverlesene Elemente erhiel-
ten, die weder zusammenpaßten noch vom amerikanischen Parlament verabschie-
det oder den Staaten, in denen die Drohnen zum Einsatz kommen sollten, unter-
breitet wurden. Regeln, die einer Interpretation der Rechtslage nach Treu und
Glauben Hohn sprechen.
Zu ihrer partiellen Publikation konnte sich die US-Regierung aus eigenen
Stücken nicht durchringen; sie wurde nach einer Offenlegungsklage der
Amerikanischen Bürgerrrechtsunion jedoch dazu gezwungen.
Ihr Inhalt kann wie folgt zusammengefasst werden: Es wird den Handelnden emp-
fohlen, die Identität des Opfers im Vorhinein zu prüfen, da eine „hohe Wahrschei-
nlichkeit“ darüber bestehen müsse, dass es sich um die fragliche Person handele.
Oberstes Gebot der Einsätze sei es, „amerikanisches  Leben zu schützen.“ Letztlich
liege die „Befehlsgewalt allein beim Präsidenten“.
Die Aussage des bereits erwähnten Architekten der Strategie der gezielten Tötun-
gen John Brennan, wonach Präsident Obama all seine Untergebenen in der Regier-
ung dazu aufgefordert habe, dass „all unsere Tätigkeiten, auch diejenigen, die von
der Öffentlichkeit verdeckt stattfinden, im Einklang mit unseren Gesetzen und
Werten stattfinden“, ist somit nicht glaubhaft.
Und Brennan weiter:“ Als Volk und Nation können – und dürfen – wir der Ver-
lockung, unsere Gesetze und Werte im Kampf um unsere Sicherheitsinteressen
links liegen zu lassen, nicht nachgeben. Auch und vor allem, wenn es um Gruppen
wie Al-Kaida (…) geht. Wir sind besser als das. Wir sind besser als die. Wir sind
Amerikaner.“
Ehemalige Menschenrechtsjuristen, welche die ersten hätten sein müssen, die
das Abdriften Barack Obamas in rechtsstaatlich trübes Wasser anprangern,
wurden vom Präsidenten selbst an Bord geholt, um für dessen Regierung
juristische Rechtfertigungen für die Drohneneinsätze zu entwickeln.  Dies
trifft insbesondere für den Chefjuristen des amerikanischen Außenministeriums
Harold Koh zu, der unter Obama für die juristische Deckung der gezielten Tötun-
gen federführend war und diese leidenschaftlich verteidigte.
Bevor er in das von Hillary Clinton geleitete Ministerium nominiert wurde, war
Koh ein weltweit geachteter Menschenrechtsanwalt und Experte für Völkerrecht.
Nach seinem Studium an den rechtswissenschaftlichen Fakultäten Harvard und
Oxford hatte Kohl sich den Ruf eines unerschrockenen Verteidigers der Schwäch-
sten der Gesellschaft verdient. Unermüdlich arbeitete er sich damals an den von
der Regierung George W.Bushs salonfähig gemachten Folterungen von Terrorver-
dächtigen ab. Einmal von Obama in die Regierung berufen, brach Kohl mit seiner
ruhmreichen Vergangenheit. Er übernahm die Rolle des Obama-Angepassten vier
Jahre lang und wurde vom Weißen Haus „Killer Koh“ genannt, bis er 2013 als
Professor an die Eliteuniversität Yale wechselte.
Bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert stellten die Richter der
Nürnberger Prozesse gegen die Nazi-Juristen fest, dass „der Dolch des
Mörders (…) unter der Robe der Juristen verborgen“ gewesen sei.
Die Gesetze der Menschlichkeit seien im Namen des Rechts und unter der Autori-
tät des deutschen Justizministeriums mit Hilfe der Gerichte gebrochen worden.
Auch wenn die Verbrechen der nationalsozialistischen Juristen in ihrer Grausam-
keit nicht vergleichbar sind, trifft das Prinzip auch heute noch auf manchen Staats-
anwalt oder Richter zu, der einen Eid auf Gesetz und Verfassung geschworen hat.
Die Meinungen dazu sind jedoch flexibel: Der spätere Präsidentschaftskandidat 
der US-Demokraten John Kerry sprach bezüglich des Vietnamkrieges noch davon,
dass „wir alle in diesem Land uns schuldig gemacht haben“ und man „in Wirklich-
keit dieses ganze Land vor Gericht stellen muss“, bevor auch er als Obamas
Außenminister den Drohnenkrieg mittrug.
Laut einem der profiliertesten Menschenrechtler der amerikanischen Bürgerrechts-
vereinigung ACLU, Jameel Jaffer, ist es auch darum so tragisch, dass es gerade
der Demokrat und langjährige Dozent für Verfassugsrecht Barack Obama war,
der den Drohnenkrieg unerwartet ausdehnte, da dies sein Vorgänger nicht gekonnt
hätte. George W.Bush, mit seiner kriegstreiberischen Rhetorik geradezu prädes-
tiniert für einen erneuten Bruch von Gesetzen und Abkommen, war zum Ende sei-
ner Amtszeit unbeliebt und hatte das Vertrauen der Bürger verloren. Die angeb-
lichen Beweise für Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins (….) hatten sich
als Lüge herausgestellt. Das von seinen Leuten ausgetüftelte System von Geheim-
gefängnissen und Folterkammern erboste die Alliierten und kam auch in Amerika
nicht nur gut an. Mehrmals wurde er vom Obersten Gericht bezüglich seiner An-
ordnung von unbeschränkter Haft für nicht verurteilte Verdächtige zumindest
zurechtgewiesen, und von ausländischen Regierungen kritisiert.
Es ist unwahrscheinlich, dass eine dramtatische Beschleunigung des Drohnen-
krieges unter George W.Bush, wie sie sein Nachfolger Barack Obama vornahm,
von der Öffentlichkeit beziehungsweise von der Justiz akzeptiert worden wäre.
Gegenüber dem in Sicherheitsbelangen lange belächelten Obama war die öffent-
liche Meinung unkritischer; man freute sich darüber, dass auch er verstanden hat,
was gut für Amerika ist.“ (S.128ff.*)  
*) Josef Alkatout, “Ohne Prozess - Die Entrechtung unserer Feinde
        im Kampf gegen den Terror”, 2018 Promedia Verlag