Trotz breiter Ablehnung: US-Genmais 1507
Brüssel - Trotz einer breiten Ablehnung in der EU gegen den Genmais „Pioneer
1507“ will die EU-Kommission das Produkt zulassen. Die EU-Staaten konnten
sich am Dienstag nicht auf eine notwendige qualifizierte Mehrheit in dieser Frage
einigen. Der zuständige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg sagte, die EU-
Kommission müsse das Produkt nun binnen 24 Stunden zulassen.
Mehrere Minister appellierten angesichts des „sensiblen Themas“ kurz vor den
Europawahlen an die EU-Kommission, die Entscheidung aufzuschieben oder ihren
Vorschlag zurückzuziehen. Für eine Zulassung sprachen sich nur Schweden,
Finnland, Großbritannien, Estland und Spanien aus, Deutschland, Portugal,
Belgien und Tschechien enthielten sich. Österreich und 18 weitere Staaten
Merkel ordnete Enthaltung an
In Deutschland sorgt besonders der Umstand für Aufregung, dass sich CSU-
Landwirtschaftsminister gegen die Zulassung ausgesprochen hatte, er aber laut
einem „Spiegel“-Bericht von Kanzlerin Angela Merkel angehalten wurde sich
seiner Stimme zu enthalten. (Mehr dazu hier: http://go.tt.com/LRSOCF )
Hätte Deutschland dagegen gestimmt, wäre die qualifizierte Mehrheit für eine
Blockade erreicht worden. Wie in Österreich sind auch in Deutschland die Gegner von
gentechnisch verändertem Saatgut klar in der Überzahl.
In einer Aussendung bekräftigte Österreichs Gesundheitsminister Alois Stöger die
Position der Regierung: „Sollte die EU-Kommission den Problem-Mais zulassen,
werden wir auf nationaler Ebene handeln und ein Anbauverbot verhängen.“
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter erklärte, dass sich Österreich auf EU-
Ebene für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten für einen gentechnikfreien
Anbau einsetze. „22 Staaten unterstützen diesen Vorschlag bereits und wir werden
weiter dafür kämpfen“, sagte Rupprechter.
Umweltschützer: Fatale Auswirkungen auf Insekten
In einer ersten Reaktion auf das Abstimmungsergebnis erklärte die Umwelt-
schutzorganisation Global 2000: „Die Mehrheit der europäischen Bevölkerung ist
gegen gentechnisch veränderte Organismen. Es kann nicht sein, dass einmal mehr
die Interessen der Agro-Chemie-Konzerne im Vordergrund stehen.“
Der Genmais 1507 ist resistent gegen bestimmte Pflanzenschutzmittel und
produziert ein eigenes Insektengift. Als bedeutendster Maisschädling gilt der
Maiszünsler. Das notwendige Gen der vom US-Hersteller Dupont Pioneer
entwickelten Pflanze stammt von Bakterien.
Umweltschützer kritisieren, dass das in großen Mengen produzierte Gift vor allem
Schmetterlinge gefährde. Zudem sei unklar, in welchem Umfang das Gift über den
Genmais ins Erdreich gelangen könne. Demnach ist der Mais auch gegen das
„hochgradig toxische“ Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent.
Der GV-Mais 1507 trage laut den Umweltschützern ein hochtoxisches Insektizid in
sich, das nicht nur den unerwünschten Maiszünsler, sondern auch Schmetterlinge
und Falter töten könne. Eine Risikobewertung über die Auswirkungen auf Bienen
fehle zudem gänzlich. Darüber hinaus sei der GV-Mais resistent gegenüber einem
Herbizid, das im dringenden Verdacht steht, sich nicht nur auf die Umwelt,
sondern auch auf die menschliche Gesundheit schädigend auszuwirken.
Die EU-Mitgliedsstaaten hätten jedoch auf andere Weise die Möglichkeit, den
Anbau dieser Hochrisikopflanze zu unterbinden, meint Porstner. Wie auch schon
bei der GV-Kartoffel Amflora könnten sie die EU-Kommission klagen. Denn im
Verfahren für die Anbauzulassung seien einige Fehler begangen worden. Bei
Amflora wurde der Klage im Dezember 2013 stattgegeben. Geklagt hatte damals
Ungarn, mit Unterstützung von Österreich und einigen anderen Mitgliedsstaaten.
Greenpeace forderte die Europäische Kommission auf, die „historische
Ablehnung“ gegen den Genmais nicht zu ignorieren. Schließlich hätten sich eine
deutliche Mehrheit der Mitgliedsstaaten und zwei Drittel der Abgeordneten des
Europäischen Parlaments gegen die Genehmigung ausgesprochen.
Hans-Peter Martin: „Lobby-verseuchter Tag“
Der unabhängige EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin sprach von einem „lobby-
verseuchten Tag für Europa“. Die Haltung vieler EU-Außenminister sei ein Schlag
ins Gesicht des EU-Parlaments, das am 16. Jänner 2014 eindeutig gegen Genmais
abgestimmt habe. (tt.com, APA)
Quelle: http://www.tt.com/politik/europapolitik/7879663-91/eu-kommission-will-
umstrittenen-genmais-zulassen.csp