Am 27.Januar 2002 betitelte der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld
die Guantanamo-Insassen als die „gefährlichsten, am besten ausgebildeten, teuf-
lischen Mörder dieser Erde.“ Dies obwohl nur 8 % der Gefangenen überhaupt
vorgeworfen wurde, Al-Kaida-Kämpfer zu sein.
Auch Bush gab am 17. Juli 2003 vor versammelter Presse zu Protokoll: „Wo ich
mir ganz sicher bin: Diese Typen sind böse.“ Der bei der Eröffnung der Häft-
lingsanstalt in Guantánamo Bay anwesende US-Marinegeneral Michael Lehnert
gab nach seiner Pensionierug bekannt, dass er das Bewachen der Verdächtigten auf
Kuba für ein „seelenbetäubende“ Aufgabe halte. Mit dem Abstand der Jahre frage
er sich, ob es für die USA nicht Zeit sei, wieder auf den Pfad der Rechtsstaatlich-
keit zurückzukehren.
„Ich dachte, die (Gefangenen) würden versuchen, uns anzugreifen oder sowas“,
gab ein anderer Mitarbeiter der Gefängnisverwaltung an, „aber es fühlt sich gar
nicht so an, als wären die Typen so schlimm.“
Ein ehemaliger CIA-Bediensteter, der während eines Jahres in Guantanámo
stationiert war, schätzte, dass „nur ungefähr 10 % der Menschen dort gefährlich
sind und die anderen nichts mit der Sache zu tun haben und gar nicht wissen,
warum sie dort eingesperrt sind.“
Colonel Lawrence Wilkinson, der ehemalige Kabinettchef von US-Außenminister
Colin Powell erinnert sich ebenfalls: „Es wurde der US-Regierung schnell klar,
dass viele der Gefangenen nichts verbrochen hatten sowie auch kein großes In-
formationsreservoir darstellten und unmittelbar freigelassen werden müssten.“
Marinegeneral Lehnert sagt heute, dass es den Eingeweihten spätestens drei
Monate nach Eröffnung des Lagers klar war, dass eine Vielzahl der Gefangenen
dort nicht sein sollte.
Er war persönlich anwesend, als am 11. Jänner 2002 die ersten 20 Gefangenen in
Guantánamo Bay ankamen. Lehnert hatte den rechtlosen Gefangenen, die in ihrer
Perspektivlosigkeit bereits im Jahr 2002 einen Hungerstreik angefangen hatten,
großzügig erlaubt, ihre Handtücher als Turban zu verwenden und sie mit den Wor-
ten beschwichtigt: „Sie werden zu einem in Zukunft liegenden Zeitpunkt ein gere-
chtes Verfahren erhalten.“ Er wusste nicht, wie falsch er damit liegen sollte.
Bezüglich der mehrfach aufflackernden Hungerstreiks gab das US-Militär schließ-
lich bekannt, dass der Wille der Gefangenen, sich zu Tode zu hungern offensicht-
lich ihre Verbindung zu Al-Kaida verrate.
Auch Brigadegeneral Rick Baccus, der dem Lager in Guantánamo zeitweise vor-
stand, versuchte seinen Schützlingen durch das Anbringen von einzelnen Vor-
schriften der Genfer Konvention auf Wandpapieren, einen etwas weniger recht-
losen Raum zu bieten. Er erlaubte dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz
weitgehende, jedoch nicht zu veröffentlichende Inspektionen durchzuführen, und
rief „Friede sei mit euch“ sowie „Gott sei mit euch“ durch den Lautsprecher, wenn
er sich an alle Insassen richtete. Er setzte durch, dass sich die Männer pro Woche
zwei Mal duschen durften, was in der Tat einen Fortschritt darstellte.
Daraufhin wurde er von seinem Posten abgelöst und gab später zu Protokoll,
dauerhaftem Druck der Befrager ausgesetzt gewesen zu sein, die darauf bestanden,
dass das Leben der Gefangenen „weniger bequem“ zu gestalten sei. Sein unter
Donald Trump ernannter Nach-Nachfolger , Admiral Edward Cashman, nahm als
eine seiner ersten Amtshandlungen die Wörter „rechtmäßig“ und „transparent“ aus
der Einsatzbroschüre des Gefängnisses. Seit Bestehen des Lagers auf Guantánamo
hielt es durchschnittlich keinen der Vorsteher mehr als zehneinhalb Monate auf
seinem Posten.“ (S.26ff.*)