Haiti (haitianisch Ayiti, französisch Haïti, gesprochen [a.iti]) ist ein auf der Insel
Hispaniola in den Großen Antillen gelegener Inselstaat. Er umfasst den westlichen
Teil der Karibikinsel, deren Ostteil die Dominikanische Republik einnimmt.
Der Landesname kommt aus der Sprache der Taíno, der Ureinwohner Hispaniolas,
und bedeutet „bergiges Land“. Die etwa zehneinhalb Millionen Einwohner Haitis
sind größtenteils afrikanischer Abstammung. Hauptstadt des Landes ist Port-au-
Prince. Haiti war nach der französischen Kolonialzeit der reichste Staat Latein-
amerikas. Es ist jedoch inzwischen das einzige Land des amerikanischen Doppel-
kontinents, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern gezählt wird. Zur
schwachen Wirtschaft kommt eine instabile politische Lage mit zahlreichen
Unruhen, weshalb seit Mitte der 1990er-Jahre über drei Millionen Haitianer
ausgewandert sind
Haiti liegt im Bereich tropischer Wirbelstürme. Der Hurrikan Jeanne richtete im
September 2004 erhebliche Schäden in der Gegend um die Stadt Gonaïves an.
Dabei kam es in Haiti zu etwa 3000 Todesopfern. Besonders schlimm traf es den
Staat im August und September 2008, als vier aufeinanderfolgende tropische
Wirbelstürme durch Starkwind und Starkregen Zerstörungen anrichteten. Durch
die Auswirkungen von Tropensturm Fay, Hurrikan Gustav, Tropensturm Hanna
und Hurrikan Ike wurden in Haiti insgesamt rund 800 Personen getötet.
Geologisch liegt die Insel Hispaniola über der Grenze zwischen Karibischer und
Nordamerikanischer Platte. Infolge dieser Verwerfung kommt es zu häufigen
seismischen Aktivitäten. In den Jahren 1751, 1842, 1860 und zuletzt 2010 wurde
Haiti von schweren Erdbeben getroffen.
Durch Bodenerosion ist das fruchtbare Land seit der Besiedlung 1492 auf fast 50
% geschrumpft.
Der Regenwald war bereits 1990 zu 98 % abgeholzt, was zu Desertifikation
führen kann.
In der Landreform Anfang des 19. Jahrhunderts erhielten Bauernfamilien je 15
ha Farmland. Die Nachkommen dieser Landerben teilten das Land in immer klei-
nere Stücke auf. 1971 war das auf eine Bauernfamilie entfallende Land nur noch
knapp 1,5 ha groß.
Um zu überleben, musste das Land übernutzt werden. Starke Erosion war die
Folge und der Boden wurde innerhalb weniger Jahre unfruchtbar. Die Nach-
kommen machten noch steilere Hänge für die Landwirtschaft nutzbar.
Landesweit führte der Verlust an landwirtschaftlichen Flächen für den eigenen
Verbrauch zu sozialer Destabilisierung des Landes.
Haitis Klima ist durchgehend tropisch und daher von stärkeren Temperaturunter-
schieden während des Tages als während des Jahres geprägt. Die Niederschläge
betragen im Großteil Haitis etwa 1300 mm, jedoch im Nordwesten nur etwa 500
mm, wo es nur im Sommer regnet. Während des Jahres gibt es zwei Hauptregen-
zeiten, von April bis Mai und von September bis Oktober. Durch die Nähe zum
warmen Golfstrom beträgt die Wassertemperatur 25 °C.
Da Hispaniola lange Zeit vom amerikanischen Festland getrennt war, konnte sich
eine relativ große Anzahl an Tieren und Pflanzen unabhängig vom Festland
entwickeln. So sind von etwa 5000 Pflanzenarten, die in Haiti vorkommen, etwa
35 Prozent endemisch.
Durch die Einführung von Nutztieren und Kulturfolgern durch die Kolonisa-
toren wurde die Vielfalt der endemischen Arten immer weiter eingeschränkt,
sodass bis heute nur zwei der ursprünglich 28 dort vorkommenden Säugetierarten
überlebt haben: das Zaguti (Plagiodontia aedium) und der Haiti-Schlitzrüssler
(Solenodon paradoxus).
Zudem wird die Vielfalt von Flora und Fauna durch anhaltende Erosion und
Übernutzung der Böden gefährdet.
In Haiti wird nur ein sehr kleiner Teil der Geburten und Todesfälle amtlich
registriert. Daher beruhen alle Zahlen auf Schätzungen und Projektionen. Die
nachfolgenden Zahlen sind deshalb sehr unsicher.
Die Bevölkerung hat sich seit dem ersten Zensus 1950 etwa verdreifacht; damals
wurden 3,1 Millionen gezählt. ]
Die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt wird mit 63,8 Jahren
angegeben. Das mittlere Alter der Bevölkerung liegt bei 20,5 Jahre (2010). Die
Säuglingssterblichkeit lag 2010 bei 5,8 % und das durchschnittliche jährliche
Bevölkerungswachstum beträgt 1,84 % (2010). Die zusammengefasste Frucht-
barkeitsziffer lag im Jahr 2010 bei 3,72 Kindern pro Frau.
Die haitianische Bevölkerung teilt sich in 95 % Schwarze, 4,9 % Mulatten und 0,1
% Weiße auf. Andere Quellen geben 60–80 % Schwarze, 15–35 % Mulatten und
bis zu max. 5 % Weiße an. Die Mulatten nehmen in der Wirtschaft des Landes eine
dominante Rolle ein und es kommt teilweise zu ethnischen Konflikten mit
schwarzen Haitianern.
33 % der Haitianer leben in Städten. Die größten Städte sind (Berechnung für
2008): Port-au-Prince 1.368.075 Einwohner, Carrefour 503.954 Einwohner,
Delmas 445.236 Einwohner, Cap-Haïtien 145.709 Einwohner und Pétionville
122.677 Einwohner. Das Ballungszentrum Port-au-Prince wird mit 2.411.407
Menschen im Jahr 2008 geschätzt. Allein in dem Slum der Hauptstadt, Cité Soleil,
leben über 400.000 Menschen.
Haitianer bilden durch Migration Minderheiten in den Vereinigten Staaten (etwa
600.000) und in der Dominikanischen Republik (800.000). Ein Viertel der Bevöl-
kerung der Bahamas stammen aus Haiti. Fluchthelfer bieten den Transport von
Bootsflüchtlingen für einige Hundert US-Dollar an.
In Haiti ist die Römisch-katholische Kirche die Staatskirche. Genaue Zahlen zur
Religionszugehörigkeit sind aber (nach US-amerikanischen Angaben von 2009)
nicht verfügbar; es wird geschätzt, dass etwa 80 Prozent der Bürger von Haiti
römisch-katholisch sind, der Rest gehört mit in letzter Zeit wachsender Tendenz
verschiedenen protestantischen Konfessionen an, davon vor allem Baptisten (etwa
10 Prozent) und Adventisten (etwa 4 Prozent); dagegen gibt es wohl nur sehr
wenige Angehörige nicht-christlicher Konfessionen.
Zwar geben nur wenige Prozent der Bevölkerung eine Zugehörigkeit zur Voodoo-
Religion an, deren Ursprung in Westafrika liegt, doch praktizieren viele Einwoh-
ner, die sich offiziell zum Christentum bekennen, gleichzeitig Voodoo- oder
spiritistische Rituale – insgesamt wohl etwa 75 Prozent der Bevölkerung, zumeist
Schwarze und Mulatten.
Voodoo diente Präsident François Duvalier zum Anlass, gegen Mulatten vorzu-
gehen. Es wird zwar seit 2009 von den Behörden als religiöse Praxis anerkannt,
erhielt aber nicht die vollen Rechte einer Religion.
In den Jahrzehnten nach der Entdeckung der Insel Hispaniola durch Christoph
Kolumbus im Jahr 1492 wurde deren indigene Urbevölkerung, die Arawaks (auch
Taínos genannt), fast vollständig ausgerottet. Im späten 17. Jahrhundert wurde die
Insel vor allem durch afrikanische Sklaven, die auf den Zuckerplantagen eingesetzt
wurden, wiederbevölkert.
Haiti hatte während des größten Teils seiner Geschichte unter Gewaltherrschern
und Kleptokraten zu leiden. ...
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Das Land ist ein dicht
bevölkerter Agrarstaat, dessen Pro-Kopf-Einkommen 2016 bei ca. 761 US-Dollar
lag, was das geringste Pro-Kopf-Einkommen Lateinamerikas darstellt.
Von den rund zehn Millionen Einwohnern müssen etwa 80 % von weniger als 2
US-Dollar am Tag leben, die Hälfte der Bevölkerung muss mit weniger als 1 US-
Dollar pro Tag auskommen. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung im erwerbs-
fähigen Alter haben keine reguläre Arbeit.
Nach FAO-Angaben von 2010 ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung unterer-
nährt: 5,5 Millionen der 9,4 Millionen Einwohner Haitis.
Als wesentlichen negativen Faktor für die Ernährungssicherung in Haiti bezeichnet
der Entwicklungsökonom Hans-Heinrich Bass die Verdrängung der Kleinproduk-
tion in den 1980er und 1990er Jahren durch Importe von subventioniertem US-
amerikanischen Reis und Zucker und die zeitgleiche Förderung von Kaffee- und
Mangoplantagen, auch durch Gelder der US-amerikanischen Entwicklungs-
zusammenarbeit.
Zwar liege ein komparativer Kostenvorteil möglicherweise tatsächlich in diesem
Spezialanbau, aber das Problem der landwirtschaftlichen Unterproduktion im
Verhältnis zur Bevölkerungszahl in Haiti habe damit in der Praxis nicht gelöst
werden können, da die im Spezialanbau entstehenden Einkommen nicht hinreich-
end gewesen seien für eine importbasierte Sicherung der Ernährung.
Die Analphabetenquote liegt bei 40 %, obwohl eine sechsjährige Grundschul-
pflicht besteht. 1995 waren 55 % der Bevölkerung Analphabeten.
Nach der Kolonialzeit galt Haiti als eines der reichsten Länder der Karibik.
Um die Anerkennung der Unabhängigkeit durch die ehemalige Kolonialmacht
Frankreich zu erreichen, musste Haiti sich jedoch durch hohe Zahlungsver-
pflichtungen „freikaufen“.
Diese Zahlungen, die fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch andauerten, über-
stiegen die Leistungskraft Haitis. Zusammen mit politischer Instabilität, Umstel-
lung der Landwirtschaft von der Deckung des eigenen Bedarfs auf Exporte in die
USA und später in den Raum des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens
und langjähriger Misswirtschaft führte dazu, dass Haiti sich zum „Armenhaus
Amerikas“ entwickelte.
Von 1990 bis 2003 kamen rund vier Milliarden US-Dollar Hilfen aus den USA
und Europa. Zur gleichen Zeit leidet das Land unter einem starken Braindrain,
denn 80 Prozent der Haitianer mit höherer Bildung wandern aus.
Seit dem Sturz von Jean-Bertrand Aristide ist die Wirtschaft des Landes in
einer schweren Krise.
Doch erste Anzeichen der Normalisierung zeigten sich am 4. März 2004, denn in
Port-au-Prince öffneten erstmals wieder die Banken. Der Industrieverband Haitis
schätzt die entstandenen Schäden der Unruhen auf mehr als 100 Millionen Euro.
Die Deutsche Post hat die Zusage gegeben, Haiti beim Aufbau eines modernen
Postleitzahlensystems zu unterstützen.
Ein großes Problem des Staates ist der hohe Grad an Korruption. Er belegt mit
Platz 146 von 178 einen der untersten Plätze in der Statistik der Transparency
International.
Gegen Haiti wurde von der Bundesrepublik Deutschland ein Erfüllungsverbot nach
Totalembargo verhängt.