Schulen, Kliniken, private Häuser, Landebahnen, Straßen, Brücken – nichts ist
sicher vor den Luftangriffen der von Saudi-Arabien geführten Allianz im Krieg
gegen Jemen. »Neue Hoffnung« lautet der zynische Name der Militäroperation.
Gezielt wird dabei die nördliche Provinz Saada unter Beschuss genommen, das
Kernland der Huthi- oder Ansarollah-Bewegung.
Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) warnt vor
der anhaltenden Zerstörung jemenitischer Kulturgüter. In der als Weltkultur-
erbe geschützten Altstadt von Sanaa wurden bereits ganze Gebäudekomplexe
zerstört. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) weist auf den drohenden Zusam-
menbruch des Gesundheitssystems hin, das ohnehin schon am Rande seiner
Kapazitäten arbeitet.
»Human Rights Watch« (HRW) wirft Saudi-Arabien den Einsatz von Streu-
bomben vor, die möglicherweise von den USA geliefert worden sind. Die US-
Menschenrechtsorganisation beruft sich auf Satellitenbilder, die Bomben-
splitter auf einer landwirtschaftlichen Fläche unweit einer Wohnsiedlung in der
Provinz Saada zeigen sollen.
Der konkrete Nachweis ist schwer zu erbringen, da die Arbeit von Hilfsorga-
nisationen vor Ort kaum möglich ist. Die Streubomben sind tückisch. Viele der
kleinen, weit verteilten Sprengkörper explodieren erst Jahre später – sie töten
oder verstümmeln die Zivilbevölkerung auch dann noch, wenn ein Konflikt
beigelegt ist. 2008 unterzeichneten 116 Staaten einen Vertrag, wonach
Streumunition verboten ist, Saudi-Arabien, die USA, aber auch der Jemen
nicht.
Jemen gilt seit Jahren als das »Armenhaus der arabischen Welt« – Land und
Leute haben dem saudischen Krieg wenig entgegenzusetzen. Über die täg-
lichen Angriffe hinaus hat die Führung in Riad gegen das Nachbarland Sank-
tionen verhängt und eine Blockade eingerichtet, so dass Hilfsgüter die
Menschen kaum erreichen.
Die UN-Koordination für humanitäre Angelegenheiten im Jemen hat die
Luftangriffe der Saudis und ihrer Verbündeten wiederholt als Verstoß gegen
das humanitäre Völkerrecht verurteilt. In der Erklärung des UN-Entwicklungs-
programms zum »Internationalen Tag der Menschenrechte« am 10. Dezember
heißt es, dass seit Beginn des Krieges im März mehr als 2.600 Zivilisten getötet
und mehr als 5.200 verletzt worden seien.
Täglich erlebten die Menschen Todesangst. Die Zahl der Inlandsvertriebenen
wird mit 2,3 Millionen Menschen angegeben, außerdem leben 170.000 regis-
trierte Flüchtlinge vom afrikanischen Kontinent »und einigen Golfstaaten« im
Jemen.
Hinter der Huthi-Bewegung stehen Teile der jemenitischen Armee und
Anhänger von Expräsident Saleh, dessen Familie ebenfalls der religiösen
Gruppe der Saiditen angehört. Diese Strömung des schiitischen Islam existiert
nur noch im Jemen. Bis Anfang der 1960iger Jahre verfügten die Saiditen dort
über ein eigenständiges Fürstentum.
Über Jahrzehnte hatten die Huthi gegen Langzeitmachthaber Saleh gekämpft.
Als dieser aber selbst bei seinen alten Verbündeten aus dem Westen und aus
den Golfstaaten in Ungnade fiel, kam es zu einer Allianz zwischen den Huthi-
Rebellen und Saleh.
Bereits vor dem aktuellen Krieg hatten sich Kommandos von »Al-Qaida auf der
Arabischen Halbinsel« im Osten Jemens etabliert.
Quelle und gesamter Artikel: https://www.jungewelt.de/2015/12-14/012.php