ÖGB-Chef Foglar weist in einem Artikel darauf hin, dass ohne Pflichtmitgliedschaft
jeder Unternehmer aus der Wirtschaftskammer austreten kann – damit würden 
Kollektivverträge in diesem Betrieb ihre Gültigkeit verlieren. Das bedeutet u.a. kein
13. und 14. Gehalt, keine Mitbestimmung und keinen Schutz vor überlangen Ar-
beitszeiten (12-Stunden-Tag). “Die Aufhebung der Mitgliedschaft bei der Arbeiter-
kammer (AK) wäre überdies ein Frontalangriff auf ArbeitnehmerInnen. Die AK ist
mit ihrem Angebot an Rechtsschutz, KonsumentInnenschutz und ihrer Expertise
eine laute Stimme für arbeitende Menschen.”, so Foglar.
Auch Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) sieht das so: Mit
dem Ende der Pflichtmitgliedschaft kämen auch die Kollektivverträge unter Druck,
denn: „Je höher der Organisationsgrad bei den Arbeitgebern ist, umso höher ist die
Kollektivvertragsabdeckungsquote“.
Dass die 98 Prozent ohne Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer zu halten
wären, glaubt er nicht. Zwar sei unklar, in welchem Ausmaß und wie rasch die
Kollektivverträge erodieren würden, aber: „Wenn die Pflichtmitgliedschaft aufge-
hoben wird, ist zu erwarten, dass die Kollektivvertragsabdeckungsquote über die
Zeit sinken wird.“
Dass das derzeitige System alternativlos wäre, glaubte Leoni zwar nicht.
Grundsätzlich könnten natürlich unterschiedliche Wege zum Erfolg führen. Für
Österreich habe das Kollektivvertragssystem aber Vorteile gebracht, weil es als
„Produktivitätspeitsche“ für die Exportindustrie gewirkt habe. „Unternehmen, die
besser dastehen, können sich mehr leisten. Die anderen kommen unter Druck und
müssen produktiver werden oder verschwinden vom Markt“, so Leoni.
Nicht umsonst lege die exportorientierte Metallindustrie bei den jährlichen Kol-
lektivvertrags-Verhandlungen die Messlatte für alle anderen Branchen. Wobei in
schwierigen Jahren durchaus auch eine moderate Lohnentwicklung zu beobachten
gewesen sei. Für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie Österreich habe die
„koordinierte Lohnfindung“ daher bisher gut funktioniert ...
Quelle und gesamter Artikel siehe http://orf.at/stories/2414300/2413855/
11.11.2017
Kammern-Pflichtmitgliedschaft:  Ja oder Nein?