Erstmals haben sich Vertreter aller libyschen Konfliktparteien an den
Verhandlungstisch gesetzt. Beim Treffen in Berlin machte die Weltgemein-
schaft am 10.6.2015 Druck. Ein Friedensabkommen ist in greifbare Nähe
gerückt.
Sie waren gemeinsam in einem Flugzeug nach Berlin gekommen: Unterhändler der
rivalisierenden Regierungstruppen aus Tripolis und Tobruk, Vertreter der auf
Eigenständigkeit pochenden Stadt Misrata sowie eine Gruppe unabhängiger
Stämme und Milizen.
Und: erstmals saßen sie mit Vertretern einer demonstrativ einig auftretenden
Weltgemeinschaft an einem Tisch. "P5+5" nennt sich das Format. Gemeint sind
die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat, dazu die EU, Deutschland, Italien,
Spanien und der UN-Sonderbeauftragte Bernardino Leon.
Dies ist die vielleicht letzte Chance, den endgültigen Zerfall Libyens zu stoppen
und zu verhindern, dass das Land an die Terrormilizen des "Islamischen Staates"
fällt. "Jeden Tag ohne Einigung wächst dieses Krebsgeschwür des IS", mahnte
nicht nur der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Quelle und gesamter Artikel: http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-friedensabkommen-
103.html
 
Diese Einigung wäre auch wegen der Flüchtlingsproblematik äußerst wichtig.
Darauf weist auch Ibrahim Omar Dabbashi, der UN-Botschafter Libyens, hin:
Wenn es nicht bald zu einer Einheitsregierung in Libyen kommt, würden noch viel
mehr Flüchtlinge über das Mittelmeer kommen, prophezeit er, weil die EU ja offen
sage, sie schicke keinen einzigen Flüchtling sofort wieder zurück. "Das ist eine
Einladung. Jetzt denken die Flüchtlinge, die es bis nach Libyen oder aufs
Mittelmeer geschafft haben, dass sie in Europa bleiben dürfen. Jetzt ist es kein
Wagnis mehr, sondern eine reguläre Reise."
Dass Tausende bei dieser vermeintlich "regulären Reise" ertrinken, sagt Dabbashi
vorsichtshalber nicht. Alle in Libyen aber wüssten, wo die Schleuserbanden säßen,
von wo ihre Boote starteten, alle würden die Schleuser kennen. Seine These: Sollte
es demnächst mit internationaler Hilfe eine einzige, legitime Regierung geben,
würde der Strom der Flüchtlinge enden: "Wenn diese Regierung ihre Arbeit
machen kann ohne Milizen wie jetzt, dann stoppen wir in zwei Monaten den
Flüchtlingsstrom." ....
11.6.2015