Die berüchtigsten Vertreter der aktiv pro-israelischen Kräfte sind die „Neo-
konservativen“ oder Neocons“, die zur Hauptkraft bei der Definition der US-
Außenpolitik geworden sind. Der Begriff „Neocon“ selbst kann getrost als
Euphemismus betrachtet werden, da dieses engmaschige Netz von Aktivisten
in Wirklichkeit alles andere als „konservativ“ ist. Im Gegenteil, das Ziel dieser
Leute besteht darin, die Militärmacht der USA zu nutzen, um einschneidende
Veränderungen in der Welt herbeizuführen. 
Sie agieren parteiübergreifend und finden sich immer dort, wo die Macht ist. In
den 1970ern hatten sie sich im Büro des demokratischen Senators des Staates
Washington, Henry „Scoop“ Jackson, eingenistet, der den Spitznamen
„Senator Boeing“ trug, weil er dem großen Vertragspartner des Pentagon  in
seinem Heimatstaat so ergeben war. 
Die weitaus wichtigste von den frühen Neocons  erreichte Gesetzesmaßnahme
war der von Jackson im Senat und von Charles Vanik im Repräsentantenhaus
eingebrache Jackson-Vanik-Zusatz von 1974. Dieser verweigerte Ländern des
Sowjetblocks, in denen es aus Angst vor „Braindrain“ auch für Juden geltende
Ausreisebeschränkungen gab, normale Handelsbeziehungen.
Der Jackson-Vanik-Zusatz führte wichtige neokonservative Themen zusam-
men, die bis heute relevant sind: den Einsatz der Macht der USA, um anderen
Ländern ihre Innenpolitik zu diktieren, die Feindseligkeit gegenüber Russland,
die Ergebenheit gegenüber Israel und die Nutzung von „Menschenrechts“-
Forderungen als Grund für Sanktionen oder andere Formen der Intervention.
(…)
In der Bush-II-Ära beherrschten die Neocons das einflussreiche American
Enterprise Institute und agierten außerdem noch über ihre eigenen Denk-
fabriken, vor allem über das „Project for a New American Century“ (PNAC). Das
PNAC löste sich zwar 2006 auf, nachdem sich sein größter poltischer Triumph,
die Invasion des Irak 2003 letztlich als Blamage herausgestellt hatte. Aber der
Einfluss der Neocons begann vor der Amtszeit George W.Bushs und wirkte
über sie hinaus.
Tatsächlich wurde das PNAC zu Beginn der zweiten Amtszeit Clintons
gegründet. In seiner „Prinzipienerklärung“ von Juni 1997 wird die Frage
gestellt, ob die Vereinigten Staaten „die Entschlossenheit besitzen, ein neues
Jahrhundert zu gestalten, das den amerikanischen Prinzipien und Interessen
entgegenkommt“.
Hier wird einfach vorausgesetzt, die USA hätten die Fähigkeit, „das Jahrhund-
ert zu gesalten“, und daher könne es hierzu ausschließlich an „Entschlossen-
heit“ fehlen.
Das PNAC forderte eine Außenpolitik, „die dort kühn und zielgerichtet amerika-
nische Prinzipien fördert“, und fügt hinzu, es sei „wichtig, Umstände zu gestal-
ten, bevor es zu Krisen kommt, und Gefahren zu begegnen, bevor sie fatal
werden.“
Die Kriege gegen Serbien, den Irak und Libyen illustrieren diesen Grundsatz,
wurden doch alle drei Kriege zur Abwehr künftiger Bedrohungen begonnen, die
in Wirklichkeit imaginär waren.
Das ist der unverfrorenste Trick der Doktrin vom „Präventivkrieg“: Wir können
eine Krieg anzetteln, um etwas zu verhindern, das sowieso nie passiert wäre –
aber da es dann nicht passiert, können wir es uns als Verdienst anrechnen, es
verhindert zu haben.
Kurz: Das PNAC forderte ein Doktrin des Präventivkriegs, die dann auch über-
nommen und angewendet wurde – mit dem einzigen vorweisbaren Resultat,
dass bestehende Regimes und weitgehend auch die von ihnen regierten
Länder zerstört wurden.
Die PNAC-Prinzipienerklärung enthält vier Forderungen:
-
Signifikante Anhebung der Verteidigungsausgaben
-
Festigung der Bindungen an demokratische Verbündete (besonders
Israel) und „Konfrontationskurs gegenüber Regimes, die unseren
Interessen und Werten feindlich gegenüberstehen“ (gemeint sind
Regimewandel, angeblich zur Gesaltung einer „demokratischen“ Welt);
-
Förderung der politischen und wirtschaftlichen Freiheit im Ausland
(Öffnung von Märkten und Intervention in die inneren Angelegenheiten
der betroffenen Länder);
-
Akzeptanz der Verantwortung für Amerikas einzigartige Rolle bei
gleichzeitiger Erhaltung und Erweiterung einer internationalen Ordnung,
die unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Prinzipien
begünstigt.
Der letzte Punkt weist schon auf die heutigen Bemühungen  hin, eine
„Gemeinschaft der Demokratie“ zu schaffen, die sich im Wesentlichen aus
der englischsprachigen Welt und Westeuropa sowie Israel zusammensetzt
und die mit den Vereinten Nationen rivalisieren und sie letztlich dominieren
soll. Sie wird als legitimere Weltautorität als die UNO angesehen, da sie
„demokratisch“ ist, und soll die NATO als globale Polizeimacht einsetzen.  
Quelle: Diana Johnstone: Die Chaos Königin - Hillary Clinton und die Außenpolitik
 der selbsternannten Weltmacht”, 2016, Westend-Verlag GmbH., Frankfurt/Main, S.32ff.
Ziele und Prinzipien der Neocons