Über Jahre verschrieben Ärzte auch bei Allerweltserkrankungen frei
erhältliche "Painkiller" mit Opiaten. Hammer-Schmerzmittel mit hohem
Suchtpotential. Hersteller wie Purdue aus Connecticut nahmen damit
Milliarden ein.
Als die Todeszahlen durch falsche Dosierung explodierten, schränkte der
Gesetzgeber die Vergabe ein. Mit dem Resultat, dass die abhängig gewordenen
Patienten Ersatz suchten. Die aus Lateinamerika operierenden Drogenkartelle
lieferten ihn zum Spottpreis: Heroin.
Früher Schmerzpatient, heute drogenabhängig
Konsequenz: Millionen von Menschen, die wegen einer Kniearthrose oder eines
Bandscheibenschadens Schmerzmittel einnahmen, aber weit davon entfernt waren,
in die Drogenszene abzugleiten, hängen heute an der Nadel.
Weil Präventionsangebote und Therapieplätze in Amerika Mangelware sind, stieg
die Zahl der Überdosierungen und Todesopfer immer rasanter. Zumal Dealer mit
Fentanyl und Carfentanyl (letzteres ein Betäubungsmittel für Elefanten) noch viel-
fach stärkere Mittel in Umlauf brachten. Dramatische Konsequenz: Zum ersten
Mal seit 24 Jahren ist die Lebenserwartung in den USA gesunken und Medika-
mentenmissbrauch/Heroin/Fentanyl etc. die häufigste Todesursache für Menschen
im Alter unter 50 Jahren geworden.
"Das ist eine Epidemie nationalen Ausmaßes", sagt die Gesundheitsdezernentin
von Baltimore, Dr. Leana Wen, "und wir haben keine Ahnung, wann der Höhe-
punkt erreicht ist".
Dabei musste die Firma Purdue, die das Medikament Oxycontin 1995 auf den
Markt brachte, bereits 2007 rund 600 Millionen Dollar (508 Millionen Euro) Strafe
zahlen, weil es die Nebenwirkungen verharmlost hatte.
Die 60.000 Toten im Jahr 2016 bedeuten laut Gesundheitsbehörde CDC eine
Beinahe-Verfünffachung in nicht einmal acht Jahren – und einer Todesrate von
mehr als 20 auf 100.000 Einwohner. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 1,5
Menschen je 100.000 Einwohner an Drogen.
Ein Verhältnis, von dem Steve Williams nur träumen kann. Er ist Bürgermeister
von Huntington. Das 50.000-Einwohner-Städtchen liegt in den sozial schwachen
Kohlerevieren von West Virginia. Seit Huntington an einem einzigen Sommertag
28 Überdosierungen verzeichnete, gilt das Nest landesweit als "Ground Zero" der
Opioidkrise.
Williams berichtet von Hunderten Babys, die mit Entzugserscheinungen auf die
Welt kommen, weil ihre Mütter von Heroin abhängig sind. Wobei 80 Prozent der
Süchtigen mit Schmerzlösern angefangen haben. Im Landkreis Cabell County, zu
dem Huntington gehört, gingen binnen fünf Jahren fast 50 Millionen Dosen
Opioide über die Ladentheke.
Die Hoffnungen ruhen auf Donald Trump. Der Präsident hatte bereits Anfang
August den "nationalen Notstand" angekündigt und versprochen alles zu tun, um
der "Epidemie" Einhalt zu gebieten.
Quelle und gesamter Artikel: https://www.abendblatt.de/vermischtes/article212355181/USA-
kaempfen-gegen-neue-Seuche.html