Satanismus und Teufelsanbetung im Mittelalter
Gestützt auf verschiedene biblische Textstellen und pseudepigraphische Schriften
vertraten bereits verschiedene Kirchenväter die Ansicht, dass es sich bei Satan um
den Anstifter zum Bösen handelt, wobei Gott den Satan gut geschaffen hat, sich
dieser und seine Anhänger aber aus freiem Willen dem Bösen zuwendeten.
Das IV. Laterankonzil (1215) lieferte im Zuge der Auseinandersetzung mit den
Lehren der Katharer und Waldenser die lehramtliche Bestätigung dafür, dass der
Mensch nur durch die Verführung des Teufels sündigt, das Böse an sich aber nicht
substantiell ist.
Die theologischen Lehren in Form von lehramtlichen Aussagen über Satan
änderten sich seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bis ins 20.
Jahrhundert kaum. Blieben die Aussagen des außerordentlichen Lehramtes zum
Thema Teufel im Laufe der Jahrhunderte auch eher spärlich, so beschäftigten
Satan, seine Werke und seine Anhängerschaft dennoch immer wieder kirchliche
Vertreter.
Ab dem 11. Jahrhundert häuften sich die Vorwürfe seitens der Kirche vor allem
gegenüber Bogomilen und Katharern, diese würden Satan verehren.
1207 rief Papst Innozenz III zum ersten Kreuzzug gegen die Katharer auf. Auch
der Templerprozess (1312) basierte auf dem Vorwurf, die Templer seien mit dem
Teufel im Bunde.
Der Prozess gegen Gilles de Rais (1404-1440), dem Begleiter und Leibwächter
Jeanne d'Arcs, wurde auf Grund der Anklage wegen Abfall vom Glauben,
Kirchenschändung sowie Missbrauch und Ritualmorden an Kindern geführt, wobei
er mit Dämonen – dem Gefolge des Satan - paktiert habe (siehe auch die Artikel
Ketzerverfolgung und Häresie).
Ein weiteres Zeugnis des sich verstärkenden Teufelswahns dieser Zeit ist die Bulle
Summis Desiderantes von Papst Innozenz VIII vom 5. Dezember 1484 und der
Malleus Maleficarum (Erstdruck 1487) – der Hexenhammer – des dominikani-
schen Inquisitors Heinrich Kramers (Institoris), der den Kommentar zur "Hexen-
bulle" von Innozenz VIII bildet.
Die Hexenverfolgung nahm im 15. und 16. Jahrhundert intensive Ausmaße an.
Die Vergehen der Hexen sind laut Hexenhammer der Schadenszauber, der sexuelle
Verkehr mit dem Teufel und mit Incuben und Succuben, der Pakt mit Dämonen,
der Abfall vom christlichen Glauben und die Feier des Hexensabbats.
Allerdings fußten die frühneuzeitlichen Hexenprozesse äußerst selten auf einem
Satanismus der Angeklagten, sondern auf Fremdzuschreibungen. Weitgehend erst
am Ende der Hexenprozesse kam es gelegentlich zu Selbstbezichtigungen von
Menschen wegen Hexerei oder dezidierten Teufelspakten (siehe auch den Artikel
Andreas Weiss). Solche Prozesse basierten am Ende des 17. Jahrhunderts bereits
auf dem Streit um die christliche Teufelslehre, da die Möglichkeit des Teufels-
paktes aufgrund seiner nicht-substantiellen Gestalt mehr und mehr bestritten
wurde.
Auch im 20. Jahrhundert war der Höllenfürst noch Thema theologischer
Überlegungen. Papst Paul VI eröffnete im Jahre 1972 eine Ansprache innerhalb
einer Generalaudienz mit den Worten: "Was braucht die Kirche heute am
dringendsten? Unsere Antwort soll euch nicht erstaunen, nicht einfältig oder
geradezu abergläubisch und unrealistisch vorkommen: eines der größten
Bedürfnisse der Kirche ist die Abwehr jenes Bösen, den wir den Teufel nennen"
(Claret 1997, S. 145).
Papst Benedikt XVI, damals Kardinal Ratzinger, äußert sich u. a. 1984 – bereits in
der Position des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre – in einem
Interview am Rande zum Thema Teufel: "Was weniger tiefsehende Theologen
auch immer dazu sagen mögen, der Teufel ist für den christlichen Glauben eine
rätselhafte, aber reale, personale, nicht bloß symbolische Präsenz. Und er ist eine
mächtige Wirklichkeit ... eine unheilvolle, übermenschliche Freiheit, die sich
gegen die Freiheit Gottes richtet ..." (Claret 1997, 162).
All dies hat seine Basis letztendlich in den theologischen Überlegungen zu Satan
und der Dämonenkonzeption der Theologie. Dennoch: der Teufel ist zwar
zeitweise allenthalben vorhanden, herrscht über diese Welt, ist aber Gott nicht
ebenbürtig. Man kann ihm die Seelen der Teufelsbuhler und Satansdiener wieder
abringen - und sei es durch den Scheiterhaufen oder durch den Exorzismus. Der
Teufel ist Gott letztendlich immer noch Untertan.