Mit einer schwammigen Definition des verfassungsgefährdenden Angriffs
schafft das Gesetz die Grundlage für eine überschießende Überwachung
unbescholtener Bürgerinnen und Bürger. Obwohl derart schwerwiegende
Eingriffe in die Privatsphäre sorgfältiger Kontrolle bedürfen, wurden keine
effizienten Rechtsschutzmechanismen vorgesehen. Ein vorgeschobener Zweck
soll offenbar alle Mittel heiligen.
Der AKVorrat sieht im Gesetzesentwurf die Schaffung der Grundlage eines
Inlandsgeheimdienstes und lehnt ihn daher zur Gänze ab.
Gleichzeitig erkennt der AKVorrat aber an, dass Maßnahmen zur Terrorbe-
kämpfung nötig sind. Diese sollten allerdings in einem offenen Stakeholder-
dialog ausgearbeitet und sehr genau hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und
Grundrechtskonformität evaluiert werden.
Ursprünglich sollte das Gesetz noch vor der Sommerpause kommen (Dank des
massiven Protests der Zivilgesellschaft wurde dieser Termin verhindert - siehe
Petition weiter unten ...) .
Jetzt soll das Staatsschutzgesetz vermutlich am 28. Oktober im Innenaus-
schuss behandelt werden und laut den Plänen der Regierung bereits mit 1. Juli
2016 in Kraft treten! 
9 wichtige Punkte zum neuen Staatsschutzgesetz
1.
Österreich bekommt einen neuen Geheimdienst.
2.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
(BVT) ist zwar eigentlich Polizeibehörde, hat aber bald die Befugnisse
eines Nachrichtendienstes.
3.
Das BVT kann unbeschränkt jeden überwachen und braucht dafür weder
Richter noch Staatsanwalt.
4.
Schon zur „Bewertung der Wahrscheinlichkeit“ eines
verfassungsgefährdenden Angriffs darf das BVT jeden überwachen. Es
bedarf lediglich eines begründeten Gefahrenverdachts. Allerdings gibt
es keine klaren Regeln, wo und wie die Begründung für das Vorliegen
eines konkreten Gefahrenverdachts schriftlich festzuhalten und
vorzulegen ist.
5.
Das BVT kann auf die Daten von allen Behörden und allen Firmen
zugreifen, ohne Richter oder Staatsanwalt. Die einzige Kontrolle ist der
interne Rechtsschutzbeauftragte des BM.I, diesem kann das BVT die
Akteneinsicht zur Wahrung der Identität von Zeugen verwehren.
6.
Aufgabe des BVT ist weit mehr als die Abwehr von Terrorismus. Auch
wer als Whistleblower auf Missstände hinweist oder gegen
Rechtsextreme in der Hofburg oder für Tierschutz demonstriert, gerät ins
Visier der Behörde.
7.
Rund 100 Straftaten definieren den „verfassungsgefährdenden Angriff“,
40 davon wenn sie aus „religiösen oder weltanschaulichen Motiven“
begangen werden.
8.
Das BVT darf alle Daten 6 Jahre lang speichern. Wer auf diese Daten
zugreift wird aber nur 3 Jahre lang gespeichert.
9.
Österreich hat bald zehn neue Geheimdienste, denn neben dem BVT
bekommen auch alle 9 Landesämter für Verfassungsschutz dieselben
Befugnisse. Jeder Landeshauptmann (=Ministerpräsident) hat also bald
seinen eigenen Geheimdienst.
Viele Kritik, keine Reaktion:
Es gab ganze 18 kritischen Stellungnahmen zum Staatsschutzgesetz.
Darunter Institutionen wie die Richtervereinigung, Amnesty International,
Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Bischofskonferenz, die Evangeli-
sche Kirche, die Ärztekammer, Internet Providern, Rechtsanwaltskam-
mertag, dem Netzwerk kritische Rechtswissenschaften, der Volksanwalt-
schaft, dem Datenschutzrat, Gewerkschaften, Journalisten und dem
AKVorrat.
Viele der Stellungnahmen warnen eindringlich vor dem Gesetz und stellen
es grundsätzlich in Frage.
Im Juni wurde trotzdem im Ministerrat die Regierungsvorlage beschlossen, der
Großteil der Kritik wurde nicht gehört. (Bundeskanzler Faymann sagte nach dem
Beschluss, das Staatsschutzgesetz hat offensichtlich keine Bedeutung, weil die
Regierung nicht einmal darüber gestritten hat ...)
Weitere Infos und eine Petition zum Unterzeichnen finden Sie unter
www.staatsschutz.at
16.10.2015