False-Flag-Aktion?
Könnte es sich bei dem Anschlag in Ankara um eine False-Flag-Aktion
handeln, um einen staatlich organisierten Vorfall, ähnlich dem "Überfall" auf
den Sender Gleiwitz, den die Nazis zur Legitimierung ihres Überfalls auf Polen
inszenierten?
Diese Vermutung ist angesichts der jüngsten Vergangenheit nicht von vorn-
herein auszuschließen. Im März 2014 ließ Erdogan als damaliger Ministerpräsi-
dent kurzfristig die Videoplattform YouTube in der Türkei blockieren.  Der
Grund: Ein Mitschnitt einer vertraulichen Unterredung zwischen dem türki-
schen Geheimdienstchef Hakan Fidan und dem damaligen Außenminister
Ahmet Davutoglu wurde auf YouTube veröffentlicht, bei dem die Inszenierung
eines Vorfalls besprochen wurde, der die Intervention der Türkei im syrischen
Bürgerkrieg legitimieren solle. Der oberste türkische Geheimdienstler schlug
unter anderem vor, einen Raketenangriff auf die Türkei zu fingieren, um so
einen Vorwand für die Invasion Syriens zu schaffen. "Ich werde vier Männer
schicken, das ist alles, was nötig ist", so Fidan wörtlich.
Ein wichtiges Ziel der mörderischen Terrorkampagne, die das türkische Militär
im Südosten des Landes entfachte, besteht gerade darin, die Kurden vermittels
einer extremen Repression dazu zu verleiten, dem türkischen Staat einen Inter-
ventionsvorwand zu liefern. In Cizre wurden inzwischen 158 verkohlte Leichen
aus den ausgebrannten Kellern der größtenteils zerstörten Stadt geborgen, die
von der türkischen Statistik sicher alle als PKK-Terroristen geführt werden. Die
meisten dieser Toten lassen sich nicht mehr identifizieren.
Der türkische Staatsterror in den kurdischen Städten des Landes soll kurdi-
schen Gegenterror produzieren, um hierdurch die Lage - mit Unterstützung der
NATO - eskalieren lassen zu können.
Da dieses Kalkül bisher nicht aufgegangen ist, scheint es durchaus möglich,
dass Ankara dem etwas "nachhelfen" wollte. Es würde schon ausreichen, vor
einem geplanten Selbstmordanschlag - die eigentlich nur Islamisten begehen -
einfach die Augen der Sicherheitsdienste zu verschließen. Die türkische
Opposition wirft denn auch den Geheimdiensten Versagen vor. Dafür müsse
jemand zur Verantwortung gezogen werden, zumal ein Geheimdienstbericht
vom Januar bereits davor warnte, dass der IS und YPG Anschläge auf Militär-
einrichtungen planen würden.
Angesichts solcher Erfahrungen mit ihren türkischen "Freunden" ist es kaum
verwunderlich, dass die USA mehr als vorsichtig sind bei der Beurteilung des
Anschlags von Ankara. Das Weiße Haus hat vernehmen lassen, dass man sich
bei der Festlegung der Schuldigen noch zurückhalten wolle.
Größtenteils international isoliert, scheinen die türkische Regierungsislamisten
alles auf eine Karte setzen zu wollen, um ihre Großmachtambitionen trotz aller
strategischen Rückschläge beim imperialistischen Stellvertreterkrieg um
Syrien doch noch mit aller Gewalt zu realisieren.
Der britische The Independent fasste diese verheerende türkische Eskalations-
logik folgendermaßen zusammen: Es gibt die Versuchung, bei Verlusten den
Einsatz zu verdoppelt. Wenn Erdogan dies tut, wird er die Türkei gemeinsam
mit ihm in den Abgrund reißen.
Quelle und gesamter Artikel: http://www.heise.de/tp/artikel/47/47451/2.html