Die Vereinten Nationen (VN), englisch United Nations (UN), häufig auch UNO
für United Nations Organization (deutsch Organisation der Vereinten Nationen),
sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 193 Staaten und als
globale internationale Organisation ein uneingeschränkt anerkanntes
Völkerrechtssubjekt.
Die wichtigsten Aufgaben der Organisation sind gemäß ihrer Charta die
Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der
Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Im
Vordergrund stehen außerdem Unterstützung im wirtschaftlichen, sozialen und
humanitären Gebiet.
Ihre Wurzeln haben die Vereinten Nationen in den Haager Friedenskonferenzen
und im Völkerbund, der nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Ziel gegründet
wurde, den Frieden auf der Welt dauerhaft zu sichern. Allerdings erhielt der
Völkerbund durch mangelndes Beitrittsinteresse (so waren etwa die USA kein
Mitglied im Völkerbund) nicht den nötigen Einfluss, um seine Ziele durchsetzen
zu können, und war mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges praktisch
gescheitert.
US-Präsident Franklin D. Roosevelt unternahm nach dem Scheitern des
Völkerbundes noch während des Zweiten Weltkrieges einen zweiten Versuch,
eine Organisation zur Sicherung des Friedens zu schaffen, und erarbeitete
zusammen mit dem britischen Premierminister Winston Churchill die Atlantik-
Charta.
Nach Einbeziehung Frankreichs in den Kreis der hauptverantwortlichen Mächte
konnte die Charta der Vereinten Nationen 1945 auf der Konferenz von Jalta
fertiggestellt werden.
Sie wurde am 26. Juni 1945 auf der Konferenz von San Francisco von 50
Staaten unterzeichnet. Als erster Staat ratifizierten die Vereinigten Staaten die
Charta und boten den Vereinten Nationen als Sitz New York an. Polen
unterzeichnete die Charta erst später, zählt aber zu den 51 Gründungs-
mitgliedern.
Die Charta trat am 24. Oktober 1945 in Kraft, nachdem die Republik China,
Frankreich, die Sowjetunion, das Vereinigte Königreich, die Vereinigten
Staaten von Amerika und die Mehrheit der Gründungsstaaten die Charta
ratifiziert hatten.
Bis zum Jahr 1960 gehörten 91 und bis 1990 154 Staaten den Vereinten
Nationen an. Im Jahr 2013 hatte die UN 193 Mitglieder.
Nach Artikel 1 der Charta der Vereinten Nationen sind die Hauptaufgaben der
UNO:
1.
die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen
Sicherheit
2.
die Entwicklung besserer, freundschaftlicher Beziehungen
zwischen den Nationen
3.
die internationale Zusammenarbeit, Lösung globaler Probleme
und Förderung der Menschenrechte
4.
der Mittelpunkt zu sein, an dem die Nationen diese Ziele
gemeinsam verhandeln.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Am 10. Dezember 1948 wurde die Charta um die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte ergänzt. Darin verkündeten erstmals alle Staaten gemeinsam
grundlegende Menschenrechte, die für jeden Menschen gleichermaßen gelten.
Auch wenn diese Erklärung keinen bindenden Charakter für die Mitglieds-
staaten hat, ist sie ein Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte und
ein wichtiges Rechtsdokument für internationale Politik. Auf sie folgten diverse
weitere Menschenrechtsabkommen, die heute teilweise sogar bindend sind.
Die Friedenssicherung ist eine der Hauptaufgaben der Vereinten Nationen. Sie
sind der Vermeidung und Beendigung internationaler Konflikte zentral ver-
pflichtet.
Der hohe Stellenwert wird dadurch deutlich, dass bereits im ersten Artikel der
UN-Charta das Ziel formuliert wird,
„… den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem
Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des
Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere
Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder
Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel
nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen
oder beizulegen.“
– UN-Charta, Art. 1 Ziff. 1
Die Vereinten Nationen haben durch die freiwillige Einbindung ihrer
Mitgliedstaaten ein System kollektiver Sicherheit geschaffen. Kern dieses
kollektiven Sicherheitssystems ist das allgemeine Gewaltverbot:
„Alle Staaten unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die
territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates
gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare
Androhung oder Anwendung von Gewalt.“
– UN-Charta, Art. 2 Ziff. 4
Trotz des allgemeinen Gewaltverbots schließt die Charta die Gewaltanwendung
nicht völlig aus. Sie ist neben dem individuellen Selbstverteidigungsrecht
jedes Landes auf den Sicherheitsrat konzentriert: kollektive Maßnahmen gegen
Friedensstörer unter Beachtung des Kapitels VII, wie wirtschaftliche, kom-
munikative und sonstige nichtmilitärische Sanktionen bis erforderlichenfalls
hin zur Gewaltanwendung.
Der Sicherheitsrat wird dadurch zum Träger des „Gewaltmonopols“. Bevor der
Sicherheitsrat entsprechende Maßnahmen beschließen kann, muss er
zunächst eine Bedrohung oder einen Bruch des Friedens oder eine Angriffs-
handlung feststellen. Sollte dies der Fall sein, so hat er grundsätzlich zwei
Möglichkeiten: Er kann sowohl Empfehlungen an die UN-Mitglieder als auch
Zwangsmaßnahmen gegenüber dem Friedensstörer selbst sowie gegenüber
allen anderen Mitgliedstaaten aussprechen.
Bei Zwangsmaßnahmen sind sowohl nichtmilitärische Sanktionen als auch ein
direktes militärisches Eingreifen durch die UN selbst oder durch entsprechend
mandatierte Mitglieder möglich.
Das Aufstellen von Truppen unter dem direkten Kommando der UN ist in der
Charta zwar vorgesehen, kam jedoch nie zustande.
Zu den nichtmilitärischen Sanktionen gehören die „vollständige oder teilweise
Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und
Luftverkehrs, der Post-, Telegraphen- und Funkverbindung sowie sonstiger
Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen“
(UN-Charta, Art. 41).
Kritiker bemängeln die Zusammensetzung und Organisation des Sicher-
heitsrats. Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats machten in der
Vergangenheit regen Gebrauch von ihrem Vetorecht, um Verurteilungen und
Sanktionen gegen sich selbst oder befreundete Staaten abzuwenden. Von 1946
bis 1964 legte die Sowjetunion 103 Mal ein Veto gegen im Übrigen einstimmige
Mehrheiten ein. Bei 69 Konventionen zu Israel legten die USA in 20 Fällen ein
Veto ein. Unter anderem auch der Angriffskrieg auf den Irak durch die USA im
Jahre 2003 (siehe Irakkrieg) hatte durch deren Veto keinerlei juristische
Konsequenzen.
Demokratische Legitimation
Die UNO ist eine internationale Regierungsorganisation und teilt daher auch
die demokratischen Schwächen dieser Organisationsform. Als Zusammen-
schluss von Staaten, die jeweils durch ihre Regierungen vertreten werden, ist
die UNO nur indirekt demokratisch legitimiert.
Eine Volksabstimmung zum UNO-Beitritt gab es in der Regel keine, eine
Ausnahme bildet hier aber die Schweiz. Auch die Mitglieder der Organe der
UNO werden von den Regierungen der jeweiligen Staaten bestellt. So können
zwar die Delegierten aus den demokratischen Staaten als mittelbar vom Volk
gewählt angesehen werden, die Vertreter der diktatorischen und autoritären
Staaten in der UNO sind jedoch genauso wenig demokratisch legitimiert, wie
die Regierungen dieser Staaten.
Aus diesem Grund ist es auch nicht korrekt, die UN-Generalversammlung als
Parlament zu bezeichnen, da sie weder demokratisch gewählt wird, noch
tatsächlich bindende, wenn auch weitreichende Entscheidungen treffen kann.
Viel mehr ist sie ein Verhandlungsforum für Diplomaten aus aller Welt, sowie
richtungsweisend bei der Aushandlung internationaler Verträge und der
Thematisierung von weltpolitischem Geschehen.
Da an der Generalversammlung nur Vertreter der jeweiligen Regierungen
teilnehmen, werden die Auffassungen der Oppositionsparteien im UN-System
gegenwärtig nicht berücksichtigt. Jedoch machen sich Organisation, wie das
Komitee für eine demokratische UNO, das Europäische Parlament oder das
Pan-Afrikanische Parlament, seit langem stark für eine Parlamentarische
Versammlung bei den Vereinten Nationen, die aus demokratisch gewählten
Mitgliedern bestehen soll. Eine vergleichbare, bereits bestehende Institution –
jedoch ohne jegliche politische Kompetenzen – ist die Interparlamentarische
Union.
Im mächtigsten der Organ UNO, dem Sicherheitsrat, haben überdies fünf
Staaten das Recht auf eine ständige Mitgliedschaft, während die übrigen
Mitgliedstaaten nur mittelbar jeweils für zwei Jahre Vertreter in dieses
Gremium wählen können. Dies wird dadurch verstärkt, dass diese Staaten
durch ein Vetorecht jede Mehrheitsentscheidung blockieren können.
Ein zentrales Problem der Vereinten Nationen sind und bleiben die kaum
vorhandenen Kompetenzen. Es gelang den Vereinten Nationen vor allem
deshalb nahezu alle Staaten der Welt unter einem Dach zu vereinen, weil die
Charta an entscheidenden Stellen so flexibel interpretierbar ist, dass sie von
praktisch allen kulturellen Überzeugungen und politischen Ideologien – auch
wenn diese sich z. T. gegenseitig ausschließen – in deren Sinne und zu deren
Gunsten entsprechend der Situation ausgelegt werden kann.
Damit das Konzept einer handlungsfähigen Weltorganisation vollständig
aufgehen kann, wäre eine massive Abgabe nationalstaatlicher Kompetenzen an
diese Organisation in allen drei Bereichen staatlicher Gewalt (Exekutive, Legis-
lative und Judikative) notwendig. Dazu ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber
kaum ein Staat bereit.
Letztlich vereiteln nationale Alleingänge die meisten Ansätze, zu mehr
Verbindlichkeit innerhalb der UN zu gelangen. Dies betrifft insbesondere die
fünf ständigen Sicherheitsrats-Mitglieder (in der jüngeren Vergangenheit vor
allem die USA), die oftmals einen Willen zur Unterwerfung unter das völker-
rechtliche Gewaltmonopol des Sicherheitsrats vermissen lassen und statt-
dessen im Alleingang oder mit Koalitionen unter ihrer Führung ihre militäri-
schen Interessen durchzusetzen versuchen.
Zugleich hat sich bislang gezeigt, dass die Vereinten Nationen kaum – oder gar
nicht – in der Lage sind, eigene Politiken zu betreiben, die den Interessen der
USA entgegenlaufen, da sie mit ihnen finanziell, personell und auch historisch
stark verwoben sind.
Wenngleich es den UN nur auf einer sehr rudimentären Ebene gelang,
einheitliche kulturelle und politische Vorstellungen der Menschheit zu
definieren, waren doch einige UN-Missionen durchaus erfolgreich, und ob die
zwischenstaatliche Konfliktbewältigung ohne die UN-Vermittlung besser
abliefe, darf ebenfalls bezweifelt werden.
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Viele Kommentatoren kritisieren das 1960 erstellte Entwicklungshilfe-
Konzept. Die Länder der Dritten Welt erhielten Geld, um sich zu
entwickeln, doch der Aufbau eines erfolgreichen Handelssystems
unterblieb weitestgehend. Vielfach wird deren zunehmende Abhängigkeit
von Transferleistungen als eine Folge ungleicher Handelsbeziehungen
angesehen.
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Den UN wird vorgeworfen, dass sie sich im Laufe der Zeit nur in jene
Konflikte eingeschaltet haben, die die stärkste Beachtung in den Medien
fanden, und sie nur unzureichend in Konflikte in Sudan, Armenien,
Bangladesch, Myanmar, Kolumbien, Ruanda und Peru involviert waren.
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Den Industriestaaten wird häufig ein relatives Desinteresse an
allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten der UN
vorgeworfen; wenn sich tatsächlich Probleme einstellen, die man ernst
nimmt, würden diese oft nach stillschweigender Übereinkunft außerhalb
oder beiläufig in den Vereinten Nationen behandelt.
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1946 scheiterte der Plan der Vereinigten Staaten, die nuklearen Waffen
unter die Kontrolle der UN zu stellen. Einerseits wollten die USA auf die
Atombomben nicht verzichten, solange sie nicht sicher sein konnten,
dass kein anderes Land sie bauen kann, andererseits wollte die
Sowjetunion ihre Forschung nicht einstellen, solange Washington über
das Nuklearwaffen-Monopol verfügte. Während des Kalten Krieges
versuchte jede Weltmacht, weitere Staaten auf ihre Seite zu ziehen, sie
wurden mit großzügigen Wirtschaftshilfen und Ausrüstungen gelockt.
Infolgedessen brachen viele Kriege aus, die diese Staaten stellvertretend
für die Supermächte ausfochten (Stellvertreterkriege).
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Ein weiterer umstrittener Kritikpunkt ist, dass sich die UN überpropor-
tional mit der Verurteilung Israels befassen würden. Mit den Stimmen der
arabischen Staaten wurden in Vollversammlungen so viele Resolutionen
gegen Israel erlassen und so viele Sondersitzungen zum Thema Nahost-
konflikt einberufen wie zu keinem anderen Thema. Im Sicherheitsrat
werden diese Resolutionsentwürfe gewöhnlich nicht angenommen, da
die USA meist zugunsten Israels ihr Veto einlegen. Somit sind sie auch
nicht völkerrechtlich bindend. Dagegen würden Menschenrechts-
verletzungen in der arabischen Welt selten thematisiert. So ist ein
Resolutionsentwurf, der erstmals in der Geschichte der UN explizit den
Antisemitismus verurteilen sollte, auch mit den Stimmen der arabischen
Staaten abgelehnt worden. Einen Höhepunkt erreichte dies auf einem
von den UN organisierten Kongress in Durban 1975, wo der Zionismus
als eine Form von Rassismus definiert wurde. Diese Resolution wurde
jedoch am 16. Dezember 1991 – gegen den Widerstand der arabischen
Staaten – wieder aufgehoben.
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UN-Mitgliedstaaten wie z. B. die Bundesrepublik Deutschland oder Japan
sind heute noch in der UN-Feindstaatenklausel eingetragen. Artikel 53
und 107 der UN-Charta erlauben jedem Unterzeichnerstaat, gegen einen
Feindstaat Maßnahmen zu ergreifen, sofern sich diese Maßnahmen als
Folge des Zweiten Weltkriegs darstellen. Allerdings entfalten diese
Bestimmungen unstrittig keine materiellrechtliche Wirksamkeit mehr.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte 2013 in einer
Entscheidung fest, dass Personen, die aufgrund von UN-Sanktionen
bzw. Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung auf einer „Schwarzen
Liste“ stehen, keinerlei Möglichkeit haben, sich bei einer unabhängigen
internationalen Instanz gegen die Sanktionen zu wehren. Um diese
rechtsstaatlich problematische Situation zu mildern, entschied der
Gerichtshof, dass die betroffene Person ein Recht darauf hat, die
Rechtmäßigkeit der Sanktionen von einem nationalen Gericht überprüfen
zu lassen. Ein Staat, der ohne jede Überprüfung UN-Sanktionen umsetzt,
missachtet das Recht auf ein faires Verfahren und verletzt somit die
Europäische Menschenrechtskonvention.
Aus den im Abschnitt „Kritik“ genannten Gründen streben viele Organisa-
tionen und Staaten (darunter vor allem die benachteiligten Dritte Welt-Länder,
aber auch Industriestaaten wie Deutschland) eine Reform der Vereinten Natio-
nen an, die teilweise eine Neustrukturierung des Sicherheitsrates, teilweise
aber auch die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den
Vereinten Nationen vorsieht.