Nun, dass die Vereinigten Staaten von Amerika schon lange keine „wahre
Demokratie“ mehr sind, sondern vor allem eine von „Wirtschaftseliten“
geführte „Oligarchie“, ist ja heute kein Geheimnis mehr. Das hat nun sogar
eine von den Universitäten Princeton und Northwestern durchgeführte,
wissenschaftlich geprüfte Studie nachgewiesen …
Das bedeutet, dass die Reichen (Millionäre und Milliardäre, Banker, Groß-
investoren, Börsenhaie und -spekulanten, Konzern-Manager, Unternehmer,
Großindustrielle etc.) durch persönlichen Kontakt und Einfluss auf die
Politiker, die die Gesetze beschließen und den Staat führen, einwirken
können.
Diana Johnstone
weist in ihrem Buch über Hillary Clinton („Die
Chaoskönigin“) außerdem darauf hin, dass durch einige der jüngsten
Entschei-ungen des Obersten Gerichtshofes der USA, die das Limit für
Wahlkampfspenden erhöhen, sowie durch die Verlängerung der Vorwahlen
zum Präsidentschaftswahlkampf, die die Auswahl der Kandidaten angeblich
„demokratischer“ machen soll, es in Wirklichkeit noch mehr Möglichkeiten
zur Beeinflussung der Präsidentschaftskandidaten durch Geldspenden gibt
– während gleichzeitig der Einfluss der Parteimitglieder darauf und auf die
Festlegung des politischen Programms weiter reduziert wird.
So bietet das Zweiparteiensystem der USA den Wählern alle vier Jahre
lediglich die Wahl zwischen zwei Kandidaten, die sorgfältig von Milliardären
und Lobbyisten der Großkonzerne und Finanzinteressen geprüft wurde.
Dabei gibt es einen „bösen Cop“, die Republikanische Partei, und einen
„guten Cop“, nämlich die Demokraten.
Diana Johnstone erklärt dieses höchst undemokratische US-Wahlverfahren
folgendermaßen: „Alle spielen ihre Rollen. Aber ganz unabhängig davon,
wie sie bei den Wählern ankommen, besteht die wichtigste Aufgabe aller
Politiker, die sich für einen der beiden exklusiven Kandidatenposten
bewerben, darin, sich als die beste Anlagemöglichkeit für Spender zu
präsentieren.
Diese wiederum erwarten für ihr Geld, dass sie das bekommen, was sie
wollen. So ist im Inneren des Landes keine wirklich progressive oder
egalitäre Politik möglich. So viel sie auch streiten mögen, beide Parteien
haben akzeptiert, dass die Innenpolitik den Interessen des Finanzkapitals
(„der Märkte“) entsprechen muss. Ein perfektes Beispiel dafür ist die
Gesundheitsreform: In den USA wurde die einheitliche staatliche Kranken-
versicherung, die in etlichen anderen Ländern gut funktioniert, nie ernsthaft
in Erwägung gezogen, sondern automatisch als „sozialistisch“ verdammt.
Stattdessen gab man einem komplizierten und extrem teuren System den
Vorzug, von dem hauptsächlich die privaten Versicherungsgesellschaften
profitieren.
Kurz, die innenpolitische Macht des Präsidenten ist heute sehr begrenzt. Die
internationale Bühne hingegen bietet ihm die Gelegenheit, große Macht
auszuüben – oder zumindest den Anschein zu erwecken.
Dieser Kontrast ist an Hillary Rodham Clintons erster Zeit im Weißen Haus
als Ehefreu und „Co-Präsidentin“ Bill Clintons gut zu sehen. Ihr mit großem
Pomp angekündigter Plan zur Reform des Gesundheitssystems erwies sich
am Ende als Fiasko. Abgesehen von ihren eigenen Fehlern war dieses
Scheitern letztlich das zwangsläufige Ergebnis des Versuchs, ein staat-
liches Gesundheitssystem zu schaffen, das zugleich den Anteilseignern
privater Versicherungsgesellschaften große Profite bringen sollte. Obama-
Care leidet unter genau demselben Widerspruch.
Angesichts der gegenwärtigen finanziellen und ideologischen Kräfteverhält-
nisse bleiben progressive Reformen im Inneren meist ohnmächtige Ver-
suche.
Aber in der Außenpolitik vefügt der Präsident der USA über enorme Macht.
Auch und vor allem über die Macht zur Zerstörung. Dennoch macht sie
erheblichen Eindruck, besonders auf amerikanische Wähler.
Wenn man sich der Präsidentschaft Bill Clintons nicht ausschließlich wegen
Monika Lewinsky erinnert, dann vor allem wegen der destruktiven Gewalt,
mit der Clinton den Irak, den Sudan und den Balkan überzog. Die Sankti-
onen und Bombenangriffe gegen diese Länder mussten nur noch medien-
gerecht als „Verteidigung der Menschenrechte“ oder „Widerstand gegen
Diktatoren“ verpackt werden, und schon verschwanden die innenpolitischen
Pleiten hinter der Grandeur des Kampfes gegen das Böse in der restlichen
Welt.“ (S.28 ff.)