Finanzaffären um die Hypo Alpe-Adria Bank
Seit 2004 wird über Finanzaffären bei der Hypo Alpe Adria berichtet. Im Juni
2007 wurden durch einen Rohbericht der österreichischen Nationalbank weitere
Ungereimtheiten bekannt. Diese reichen von mangelnder Einhaltung von
Sorgfaltspflichten und dubiosen Liegenschaftsverkäufen bis hin zum Verdacht der
Geldwäsche.
Der kroatische Journalist Hrvoje Appelt, der erstmals über die Korruptionsaffairen
rund um die Hypo berichtet hatte, bezeichnet die Bank als „eine der größten krimi-
nellen Organisationen in Kroatien – mit mächtigem politischem Hintergrund und
Protektion von höchster Stelle“.
Bilanzfälschung im Zuge von Spekulationsverlusten
Im März 2006 schlug die BAWAG-Affäre in der österreichischen Öffentlichkeit
hohe Wellen. Wenig später wurde bekannt, dass auch die Hypo Alpe-Adria-Bank
durch Risikospekulationsgeschäfte einen für die Bank erheblichen Verlust in der
Höhe von zirka 328 Millionen Euro in den Bilanzen berücksichtigen musste, was
nicht zeitgerecht im Jahre 2004 erfolgt war.
Auch in diesem Fall nahm die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) Ermittlungen
auf. Ende März zog der Wirtschaftsprüfer Deloitte das Testat für die Bilanz 2004
zurück. Die FMA erstattete im April 2006 Anzeige gegen das Management der
Hypo Alpe-Adria-Bank wegen Bilanzfälschung.
Um einer Amtsenthebung seitens der FMA zu entgehen, trat der bisherige
Vorstandsvorsitzende Wolfgang Kulterer zurück und wechselte auf die Position
des Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank. Da ein solcher Wechsel laut Corporate-
Governance-Codex erst nach einer Wartezeit von drei Jahren möglich gewesen
wäre, ließ der Aufsichtsrat der Kärntner Landesholding mit den Stimmen von
BZÖ- und ÖVP-Vertretern am 16. August 2006 den entsprechenden Passus
kurzerhand aus der Banksatzung streichen.
Kulterer wurde schließlich im November 2008 vor dem Klagenfurter Landes-
gericht wegen Bilanzfälschung zu 140.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Er
verteidigte sich, die falsche Bilanzierung sei „ökonomisch richtig, aber rechtlich
unrichtig“ gewesen, und bekannte sich schuldig.
Das Verfahren gegen seinen Vorstandskollegen Günter Striedinger wurde
gesondert weitergeführt. Der ebenfalls angeklagte Thomas Morgl erhielt eine
Diversion.
Am 11. Jänner 2010 wurde bekannt, dass die Hypo hunderte Millionen Euro in der
Steueroase Jersey verspekulierte. Demnach hatte die Bank in den Jahren 2001
und 2004 jeweils 75 Millionen Euro an Spekulationskapital auf den Kanalinseln
aufgenommen. Ende 2005 gründeten die Kärntner Banker zusammen mit der
Deutschen Bank über die US-Steueroase Delaware die HB International Credit
Management in Jersey. Diese finanzierte daraufhin zwei Tochtergesellschaften
namens Carinthia I und II. Letztere investierten in Papiere unterschiedlicher
Bonität, die wiederum von zwei Sondergesellschaften der Deutschen Bank
ausgegeben wurden. Im Zuge der Finanzkrise 2007 musste die HB International
Credit Management Verluste in Höhe von 210 Millionen Euro einstecken. Sie war
zu dem Zeitpunkt mit 842 Millionen Euro in toxischen Wertpapieren veranlagt.
In einem zweiten Anlauf 2007 wurde die HB International Credit Management
durch Hypo und Deutsche Bank erneut mit 400 Millionen Euro ausgestattet.
Aufgrund der fortschreitenden Finanzkrise musste die Hypo 2008 neuerlich 56
Millionen Euro abschreiben. Dazu kamen Verluste aus der Pleite von Lehman
Brothers und dreier isländischer Banken, in deren Produkte ebenfalls investiert
wurde.
Aktienspam-Affäre der Liechtensteiner Tochtergesellschaft
Im August 2007 berichtet The Vancouver Sun, dass die Hypo Alpe Liechtenstein
AG, bis Ende 2007 eine hundertprozentige Tochter der Hypo Group Alpe Adria,
von der Finanzaufsichtsbehörde von British Columbia zeitweilig vom
Börsenhandel ausgeschlossen wurde, da diese zwischen 1. November 2006 und 31.
August 2007 mit Spam-Aktien gehandelt habe. Die betreffenden Penny-Stocks
waren in Spam-E-Mails zum Kauf angepriesen worden.
Da die Hypo Alpe Liechtenstein AG auf Nachfrage der Finanzbehörden – und mit
Verweis auf das Bankgeheimnis in Liechtenstein – nicht angeben wollte, in wessen
Auftrag sie mit diesen Aktien gehandelt hatte, wurde sie schließlich am 20. Mai
2008 „für alle Zeiten“ vom Wertpapier- und Devisengeschäft in British
Columbia ausgeschlossen.
Laut dem österreichischen Nachrichtenmagazin Profil sei es „in zivilisierten
Teilen der Welt“ vermutlich einmalig, „dass einer Bank von einer Finanzaufsicht
auf immer und ewig Wertpapiergeschäfte untersagt werden“.
Mittlerweile hält die HGAA nur noch einen Minderheitsanteil von 49 % an der
Liechtensteiner Tochtergesellschaft.
Verdacht auf Insider-Geschäfte beim Verkauf an die BayernLB
Am 1. Jänner 2010 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass sich der Verdacht auf
Insider-Geschäfte beim Verkauf der HGAA an die Bayrische Landesbank erhärtet
habe. Demnach soll Berlins Investorengruppe beim Kauf des 9,09 % Anteils an der
HGAA bereits gewusst haben, dass die Bank wenig später von der BayernLB zu
einem höheren Preis übernommen wird.
Bereits am 31. Jänner 2007 soll es in der Münchner Konzernzentrale der
BayernLB eine geheime Gesprächsrunde über den geplanten Verkauf gegeben
haben, an der die Bank-Manager Werner Schmidt und Wolfgang Kulterer,
Vertraute des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, als auch Tilo
Berlin anwesend waren.
Bisher hatten Schmidt, Kulterer, Berlin und Haider als Zeugen in einem Unter-
suchungsausschuss des Kärntner Landtags behauptet, sie hätten erst ab März 2007
vom Interesse der BayernLB an der Hypo Alpe Adria erfahren. Tatsächlich konnte
die Investorengruppe ihre Beteiligung an der Hypo Alpe Adria nach nur kurzer
Zeit am 22. Mai 2007 mit hohem Gewinn von 170 Millionen Euro
weiterverkaufen.
Mitglieder der Investorengruppe
Welche Investoren sich direkt oder indirekt am Project Knox der luxemburgischen
Zweckgesellschaft Berlin & Co. Capital S.a.r.l. beteiligt haben, ist nicht zur
Gänze bekannt.
Tilo Berlin gab in mehreren Interviews an, dass zwischen 30 und 50 Investoren in
Form von Genussscheinen beteiligt seien. Laut einem Hypo-Mitarbeiter sollen es
47 sein, darunter die Privatstiftung von Ingrid Flick, der Witwe von Friedrich Karl
Flick, deren Vorstand und Geschäftsführer wiederum Wolfgang Kulterer bis 2010
war. Auch Kulterer selbst soll unter den Investoren sein. Einige Personen
beteiligten sich indirekt an dem Deal, zum Beispiel über die Investmentgesell-
schaft Kingsbridge Capital auf Jersey, die zur österreichischen Hardt Group gehört.
Dessen Besitzer, der Wiener Investmentbanker Alexander Schweickhardt, hat die
Beteiligung bereits bestätigt.
Auch soll laut dem österreichischen Nachrichtenmagazin Format der ehemalige
österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser dabei gewesen sein. Er soll sich
noch während seiner Amtszeit mit einer halben Million Euro indirekt über die
Schweizer Treuhandgesellschaft Ferint AG beteiligt haben, ohne das gemäß
Unvereinbarkeitsgesetz dem Präsidenten des Rechnungshofes zu melden.
Grasser ließ die Berichte durch seinen Anwalt dementieren.Am 26. März
veröffentlichte Format einen vertraulichen Prüfbericht der Oesterreichische
Nationalbank (OeNB), in dem Grassers Geschäfte detailliert nachgewiesen
werden.
Die Finanzmarktaufsicht (FMA), die die Studie in Auftrag gegebenen hatte, leitete
daraufhin Sonderermittlungen ein. Geprüft wird, ob die Ferint AG und Karl-Heinz
Grasser gegen den Paragrafen 40 des Bankwesengesetzes verstoßen haben. Darin
sind die „Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terroris-
musfinanzierung“ festgeschrieben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Am 14. Jänner 2010 veröffentlichte das österreichische Nachrichtenmagazin profil
eine Liste von 46 Investoren, die Tilo Berlin selbst erstellt und der Kärntner
Landesregierung vorgelegt hatte. Das Dokument soll im Zuge einer Hausdurch-
suchung beschlagnahmt worden sein, die die Münchner Staatsanwaltschaft im
Herbst 2009 in Wiener Anwaltskanzleien und am Firmensitz von Tilo Berlin
durchführen ließ. Ursprünglich war aufgrund einer irrtümlichen Doppelzählung
von 47 Personen die Rede.
Im Zuge der Ermittlungen wurden zwei Journalisten von der österreichischen
Staatsanwaltschaft auf Ersuchen der Münchner Staatsanwaltschaft verhört, ohne
eine rechtliche Basis dafür zu haben. Die beiden Journalisten sollen gegen den
deutschen § 353d StGB (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen)
verstoßen haben. Da es in Österreich keinen entsprechenden Tatbestand gibt, gilt
auch kein Amtshilfeabkommen. Aus diesem Grund wird der österreichischen
Justiz von der internationalen Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen ein
Anschlag auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft, die Fehler
einräumte, sagte eine Vernichtung der Protokolle zu.
Aktienkarussell in Liechtenstein
Am 24. Mai 2012 kam es am Landesgericht Klagenfurt zu den ersten hohen
Haftstrafen in der Hypo-Causa: Die beiden ehemaligen Vorstände Wolfgang
Kulterer und Günter Striedinger sowie der Klagenfurter Rechtsanwalt Gerhard
Kucher und der Steuerberater Hermann Gabriel wurden wegen des Verdachts der
Untreue bzw. der Beitragstäterschaft zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt –
Kulterer fasst 3 ½ Jahre aus, Striedinger und Kucher jeweils 4, Gabriel 4 ½ Jahre.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Den beiden Bankberatern Kucher und Gabriel wird vorgeworfen, 2004 ein
kompliziertes Aktienkonstrukt entwickelt zu haben, mit dem sie nicht nur selbst
über ein Stiftungsgeflecht in Liechtenstein finanzielle Vorteile lukrieren konnten,
sondern auch der Hypobank durch ein „klassisches Umgehungsgeschäft“, wie es
die Richterin bei der Urteilsbegründung beschrieb, nicht vorhandenes Kapital
verschaffen zu haben. Die beiden Vorstände Kulterer und Striedinger hätten von
dem Vorzugsaktiendeal gewusst und ihn als Experten so niemals zulassen dürfen.
Der Hypo selbst sei durch die Malversationen laut Staatsanwaltschaft ein Schaden
von 5,49 Millionen Euro entstanden.
Überraschend wurde die Bank im Strafprozess mit ihren Forderungen auf den
Zivilrechtsweg verwiesen – am Handelsgericht Wien ist ein Schadenersatzprozess
über 48 Millionen Euro anhängig.
Mehr als zehn Milliarden Euro beträgt der Abbauteil der Hypo 2013 – das Gros
davon ist durch faule Kredite verschuldet, die vor allem in Osteuropa, aber
auch in Österreich leichtfertig und ohne ausreichende Bonitätsüberprüfungen oder
auch Sicherstellungen vergeben worden sein sollen.
Unter anderem wurde Ex-Vorstand Wolfgang Kulterer 2013 abermals wegen
Untreue zu 2 ½ Jahren Gefängnis verurteilt, weil er gemeinsam mit dem
ehemaligen Hypo-Österreich-Vorstand Gert Xander und einem Prokuristen 2005
an die Fluglinie Styrian Spirit zwei Millionen Euro Kredit vergeben hatte – trotz
Warnungen vor der maroden Finanzlage des Unternehmens und ohne Besicherung.
Die Styrian Spirit erlitt eine finanzielle Bruchlandung, die Hypo blieb auf zwei
Millionen Euro Schaden sitzen. Kulterer hatte sich stets darauf berufen, nur im
Auftrag des verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider gehandelt zu
haben. Haider hätte mit der regionalen Fluglinie die Kärntner Wirtschaft beleben
wollen – ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Styrian
Spirit. Im ersten Prozess 2011 waren Kulterer und seine Mitangeklagten deshalb
auch noch von Richter Norbert Jenny freigesprochen worden; der Oberste Ge-
richtshof ordnete aber eine Neudurchführung des Verfahrens wegen Untreue an.
Dieses endete unter Richter Christian Liebhauser mit Schuldsprüchen, die von den
Angeklagten bekämpft werden.
Auch Günter Striedinger soll mit etlichen dubiosen Kreditvergaben nachhaltig zum
Vermögensverfall bei der Hypo beigetragen haben. Er galt in der Bank ab 2000 als
Mastermind für Kroatien, wo er vor allem Großprojekte wie die Hotelanlage
Skiper in Savudrija in Istrien, eine Finanzierung der kroatischen Firmen AB Maris
und Darija oder das Tourismusprojekt Jaklan zuständig war, welche von den
Ermittlungsbehörden wegen Verdachts krimineller Machenschaften untersucht
werden. Auch wird Striedinger immer wieder mit dem inhaftierten kroatischen
General Vladimir Zagorec in Verbindung gebracht. Ein Eingeweihter berichtete,
dass sowohl Striedinger als auch Kulterer beste Kontakte zu kroatischen Kunden
gepflogen hatten und Gelder oftmals heimlich in Koffern in Learjets transportiert
wurden. Auch im Schloss Freyenthurn bei Klagenfurt soll es kurzzeitig einen
Tresor für Bargeldtransfers gegeben haben. Insgesamt hat die Hypo gegen ihren
einstigen Vorstand Striedinger mehr als 30 Anzeigen eingebracht.
2007 hat die Hypo noch vor dem Einstieg der Bayern die sogenannte Hypo
Consultants verkauft, in der Immobilien und Projekte im Finanzierungsumfang von
225 Millionen Euro enthalten waren.
Der Deal mit der kroatischen Auctor-Gruppe wurde als Erfolg gefeiert und führte
zur Ausschüttung einer Sonderdividende von 50 Millionen Euro 2008 an die
ehemaligen Eigentümer Land Kärnten, Grazer Wechselseitige und die Berlin-
Gruppe. Doch das vermeintliche Riesengeschäft entpuppte sich als Reinfall: Denn
die Auctor bzw. ihre Nachfolgeunternehmen hätten Außenstände von mehr als 250
Millionen Euro, die von der Hypo wertberichtigt werden mussten.
2011 hat die Bank daher in der Causa eine Zivilklage gegen die Nutznießer der
Dividende und zehn ehemalige Bankmanager und Aufsichtsräte wie Wolfgang
Kulterer, Siegfried Grigg und Othmar Ederer eingebracht. Die Kredite wären
sorgfaltswidrig vergeben worden; die Gewinne wären vorgetäuscht, die
Sonderdividende damit rechtswidrig gewesen.
Quelle: Wikipedia, die freie Enzyklopädie
dort gibt es weitere Quellenangaben