Die IS-Dschihadisten haben übrigens in Mosul eine eigene Medienabteilung und einen
eigenen Verlag.
Dort wurde Todenhöfer und seinen Begleitern der weitere Verlauf ihrer Reise erklärt:
„Durch eine Glastür werden wir in einen kleinen Laden geführt. Hier befindet sich der
Vertrieb des „IS-Verlags“. Was hier stapelweise an Büchern und Broschüren lagert,
wird bald in den Moscheen des ganzen IS-Gebiets verteilt werden. In einer Vitrine
liegen die neuesten Flyer und Infobroschüren. Zum Beispiel: Wie man seine Sklaven
behandeln soll, Wie man dem Kalifen Treue schwört, Wie man sich als Frau zu
benehmen und anzuziehen hat, Wie man sich um die Armen kümmern soll, Wie man
ein guter IS-Kämpfer wird. Ausgestellt ist auch das erste Buch, das der IS offiziell
verlegt hat: „Al Fiqh al Jihad“. Das Verständnis des Jihad. Der Verfasser ist Abu
Abdullah Al Muhajir, der spirituelle Mentor von Zarkawi. Er hat Zarkawi davon
überzeugt, dass Selbstmordattentate nicht nur akzeptabel, sondern der richtige Weg
seien. Abu Qatadah meint, wenn dieses Buch in Deutschland bei mir gefunden werde,
würde ich mindestens sieben Jahre ins Gefängnis kommen. Wir lassen uns die
einzelnen Broschüren, so gut es geht, erklären. Auch das Buch. Auf meine Bitte
erhalte ich von jedem ein Exemplar. IS-Flaggen werden mir auch angeboten. Es gibt
sie in verschiedenen Größen.“ (S.211)
Weitere Eindrücke von Mosul: „Die gut beleuchtete Universitätsstraße, die wir
entlanglaufen, ist sehr belebt. Fast jeder Laden hat geöffnet. Nüsse, Rosinen,
Trockenfrüchte, Eis, Kaffee, Tee und allen möglichen Krimskrams gibt es zu kaufen.
Nicht gerade das Bild einer Terrorstadt, wie wir sie uns vorstellten. (...)
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat sich eine Menschentraube gebildet.
Schätzungsweise 50 Leute drängen sich vor einem Stand, an dem eine große IS-
Flagge hängt. Wir gehen rüber, um nachzusehen, was dort los ist. Über ein
mittelgroßes Fernsehgerät werden die neuesten Propagandavideos des IS gezeigt.
Kampfszenen, aufgenommen mit Nachtsichtgeräten. Auch Kinder befinden sich unter
den Zuschauern. (…) Eigentlich erstaunlich, dass sich Menschen mitten in einem
Krisengebiet freiwillig auch noch solche Videos anschauen.“ (S.215)
Übernachtet wird in Mosul dann in einem Billigbungalow: „Unser Billigbungalow liegt in
einer Ferienanlage, die auch von IS-Kämpfern genutzt wird. Wie ein kleines Dorf sieht
es hier aus. Ferien beim IS. Allerdings ist die Inneneinrichtung bescheiden und ziem-
lich heruntergekommen. Zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, eine Küche und ein
Bad, diesmal mit Kloschüssel.“ (S.216) Es gab aber kein warmes Wasser und keine
Heizung, dementsprechend kalt war es in der Nacht …
Auch am nächsten Tag wirkte alles „normal“ in Mosul: „Wenn nicht überall IS-Fahnen
und IS-Wandbemalungen wären, könnte man nicht erkennen, dass wir uns in einer
vom IS besetzten und regierten Stadt befinden. Aber ist das nicht in allen totalitären
Staaten so? Herrscht nicht auch dort bleierne Normalität?“
Ein IS-Dschihadist erklärt den ausländischen Journalisten dazu folgendes: „Solange
die Leute sich an die Gesetze Gottes halten, können sie tun und lassen, was sie
wollen. Die Menschen hier haben ein einfaches, normales Leben.“ (S.221)
Todenhöfer darf auch mit einem Polizeichef sprechen. Er erklärte, „die Lage in der
Provinz Niniveh und ihrer Hauptstadt Mosul sei durch die Präsenz der IS-Kämpfer und
der IS-Polizei ruhig, sicher und stabil. Die Provinz habe in ihrer langen Geschichte
noch nie so viel Frieden erlebt. Nach Jahren der Anarchie könnten die Menschen
endlich wieder beruhigt aus ihren Häusern gehen. Ohne Angst vor Überfällen oder vor
dem Tod …”