So ist zum Beispiel Rauchen ebenso verboten wie Musik. Und anscheinend waren die
IS Dschihadisten bei der Bevölkerung in Rakka nicht sehr beliebt: „Das syrische Volk
sei ein nationalistisches Volk. Der IS sei jetzt schon seit einem Jahr in Rakka.
Trotzdem werden sie als Ausländer noch immer kritisch gesehen. Manche sehen den
IS sogar als Besatzer. (…)
Und: „Assad habe noch immer mehr Unterstützung als der IS. Wenn es jetzt Wahlen
gäbe, würde Assad in Rakka gewinnen. Er zahle klugerweise weiter Gehälter und
Pensionen nach Rakka. Außerdem hätten die Menschen lieber weniger Pflichten und
Regeln, als der IS sie nun einmal einfordere. Daher sei es normal, dass sie Assad
bevorzugten.“ (S.259)
Generell sei wichtig, dass der IS für die Bevölkerung gut sorge. Er erlaube Student-
innen aus Rakka sogar, Universitäten in von Assad beherrschten Gebieten zu
besuchen.  Davon machten zahlreiche Mädchen Gebrauch. Der IS müsse der Bevöl-
kerung ein normales Leben ermöglichen. Der finanzielle Aspekt sei dabei enorm
wichtig. Geld öffne alle Türen.
Weiters erfuhr Todenhöfer, dass das Ölgeschäft die größte Geldeinnahmenquelle für
den IS war. „Ein Barrel verkaufe der IS für zwölf US-Dollar. Auch Gasfelder seien
vorhanden. Das meiste Gas werde aber für die eigene Bevölkerung genutzt. Die
zukünftige Währung des IS werde nicht an den US-Dollar gebunden sein, sondern an
Gold. Eine eigene Goldwährung sei in Vorbereitung. Angeblich gebe es schon erste
Goldmünzen.
Der IS bestehe seit 2006 im Irak. Er habe bei der Bevölkerung der irakischen Gebiete
angeblich inzwischen Akzeptanz gefunden. „Die Leute wissen, dass sie ungestört
leben können, solange sie nicht gegen die Gesetze Allahs verstoßen.“
In Syrien bestehe der IS aus 70 Prozent Ausländern und 30 Prozent Syrern. Im Irak
bestehe er aus 30 Prozent Ausländern und 70 Prozent Irakern.
Jeder IS-Neuling muss ein Trainingslager absolvieren. Dieses dauert zwei bis vier
Wochen und besteht aus zwei Teilen.                                                                         
Im ersten Teil lernen die angehenden „Gotteskrieger“ die Sharia und die Grundzüge
des Islam. Dort werde den Neulingen beigebracht, was gut und böse sei und wie sie
sich an die Gesetze Allahs zu halten hätten.                                                             
Der zweite Teil umfasse die militärische Ausbildung. Hier würden sie zu Kämpfern
ausgebildet. „Das Kämpfen und Bedienen der Waffen werde von den Neulingen
schnell gelernt. So schwer sei das ja auch nicht. Ein großer Vorteil sei die Entschlos-
senheit der neuen IS-Kämpfer. Jeder wolle lernen, und jeder wolle dem IS so gut wie
möglich helfen. Jeder wolle kämpfen. „Eine Stunde in der ersten Reihe kämpfen, ist
wie 60 Jahre Gottesdienst“.
Betreffend die Selbstmordattentäter: Es dürfe nicht jeder sterben. „Wenn zum Beispiel
ein gut ausgebildeter Spezialist sich unbedingt im Kampf in die Luft sprengen wolle,
würde der Kalif das nicht zulassen. Der Mann müsse weiter seine wichtigen Aufgaben
erfüllen.“
Den Kindern wird in der Schule vor allem drei Dinge beigebracht: „Koran, Recht und
Kämpfen. Das seien die drei Hauptzweige seines Schulsystems.“
Die PKK sei momentan der stärkste Feind mit den besten Bodentruppen. Aber ohne
die Luftangriffe der Amerikaner hätte der IS auch Kobane eingenommen.
Die Jesiden müssten den Islam annehmen oder sie würden getötet, da sie angeblich
an den Teufel glaubten und diesen sogar anbeteten.- Viele Jesiden in Sinjar seien zum
Islam übergetetret. Ein Großteil der Frauen sei versklavt worden.
IS Rückkehrer nach Deutschland würden übrigens von den IS Dschihadisten als
Abtrünnige angesehen. „Wenn sie keine Reue zeigten, erwarte sie das Todesurteil. Als
Todenhöfer nach möglichen Anschlägen in Deutschland fragt, lacht sein Gesprächs-
partner nur: „Wer weiß? Aber eigentlich haben sie schon hier nichts Richtiges
zustande gebracht.“ (S.203)
Quelle: Jürgen Todenhöfer, “Inside-IS - 10 Tage im “Islamischen Staat”,
                 2015 C.Bertelsmann Verlag, 14. Auflage