Quelle: Hamed Abdel-Samad “Abschied vom Himmel” , S. 68ff.
Abdel-Samad schreibt dazu in seiner Autobiographie:
„Die erste Ehefrau meines Vaters hat bald nach ihrer Scheidung einen alten
Mann geheiratet und war mehr Krankenschwester als Gattin. Sie kümmerte
sich um die Kinder des alten Mannes, aber sie durfte ihren Sohn, also meinen
Halbbruder, nicht mit in die Ehe bringen, und so blieb er in unserem Haus.
So geschieht es bis heute den jungen Frauen, die einmal verheiratet waren.
„Die Jungfräulichkeit einer Frau ist wie ein Streichholz: Es brennt nur einmal“,
sagt man in Ägypten.
Eine geschiedene Frau hat keine andere Chance, außer eine Versorgungsehe
zu schließen. Es ist ein Glück, dass diese jungen Frauen an Gott glauben und
sich sicher sind, dass das, was ihnen geschieht, der Wille Gottes ist. In Wirk-
lichkeit hat all das nur mit einem Gesellschaftsbild zu tun, das sich um das Ego
des Mannes dreht, der weder eine Frau heiraten will, die keine Jungfrau mehr
ist, noch sein Kind im Hause eines fremden Mannes leben lässt.“