Auch in der modernen Zeit braucht jeder Herrscher, egal wie säkular er
sich gibt, die Marionettengelehrten, die alles, was der Herrscher will, als
islamisch, praktisch und gut bezeichnen.
So erklärten die Gelehrten in den Zeiten Nassers, der marxistisch-sozia-
listisch ausgerichtet war, den Islam zur Religion der sozialen Gerechtigkeit
und des Kampfes gegen Ausbeutung und Mohamed, also lange vor Marx,
quasi als den Begründer des Sozialismus. Als Sadat das Land Richtung
Westen öffnen und die Wirtschaft liberalisieren wollte, war der Islam plötz-
lich die Religion der Freiheit des Besitzes. Gewinnmaximierung wurde auch
als islamisch bezeichnet, war der Prophet selber doch ein erfolgreicher
Händler gewesen.
Eine Fatwa (ein religiöses Gutachten und nicht ein Mordurteil, wie viele sie
übersetzen), welche die Bankzinsen für islamkonform erklärte, wurde von
Al-Azhar sogar ausgestellt, obwohl Zinsen unmissverständlich im Koran
verboten sind. In Zeiten des Krieges mit Israel war der Islam die Religion
des Dschihad, und die Juden waren die ewigen Feinde Allahs. Als Sadat
sich mit dem ungeliebten Nachbarn versöhnen wollte, war der Islam die
Religion des Friedens und der Vergebung.“
Quelle: Hamed Abdel-Samad, “Der Untergang de islamischen Welt”,
            Droemer Verlag, 2010, S.128ff.