Seit Putins Amtsantritt als Präsident ist Russland im Ranking von „Transparency
International“ von Platz 82 auf Platz 154 im Jahr 2010 abgerutscht. Insgesamt werden in
dem Riesenreich pro Jahr 200 Milliarden Dollar (220 Milliarden Euro) Schmiergeld gezahlt,
schätzt die russische Nichtregierungsorganisation „Nationales Antikorruptionskomitee“.
Dass die Summe in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, kann nur teilweise
mit den wachsenden Einkommen in Russland erklärt werden. Die Zunahme der Bürokratie in
den Putin-Jahren hat es Staatsbedientsten erleichtert, die Hand aufzuhalten. Je mehr
Dokumente ein Bürger oder Unternehmer beibringen muss, desto mehr Möglichkeiten hat
der Beamte, Geld für seine Kooperation zu verlangen. „Die Korruption als Schmiergeld, um
teilweise die Ineffektivität unserer Gesetze zu kompensieren, hat sich zu einer totalen
Korruption entwickelt, die zu einem gewaltigen Problem für die Wirtschaft und für die Bürger,
ja für unser Land geworden ist“, sagte der Politologe Georgi Satarow 2008 der Zeitschrift
„The New Times“. (Albrecht*, S.111 ff.)
„Längst hat die Korruption in Russland alle Lebensbereiche erfasst. Wohl jeder Autofahrer
hat schon mal einem Verkehrspolizisten ein paar Hundert Rubel (zehn Euro und mehr)
zugeschoben. Mütter schmieren im Kreiswehrersatzamt, damit ihre Söhne nicht zur Armee
eingezogen werden. Datschen Besitzer bestechen, damit ihr Wochenendhäuschen endlich
Strom bekommt, und Unternehmer, damit der Brandschutzinspektor oder das
Gesundheitsamt nicht aus irgendeinem fadenscheinigen Grund den gesamten Betrieb
schließt.
Die Folge ist ein ineffektiver Staat. Nach Erkenntnissen des Thinktanks INDEM (Information
für die Demokratie) geht ein Drittel des russischen Staatshaushaltes durch Korruption
verloren. Bei großen Infrastrukturprojekten scheint es, als werde der „Orkat“, der Abfluss
eines Teils des Geldes an korrupte Beamte, von Beginn an mit eingerechnet. Nach Angaben
des Oppositionspolitikers Boris Nemzow kostet der Bau von einem Kilometer der Moskaier
Ringautobahn umgerechnet 70 Mio.Euro. Zum Vergleich: In Deutschland sind die Kosten
nach Angaben Nemzows teilweise mehr als zehnmal geringer.“ (Albrecht*, S.110)