Kulturkreise sind nach Huntington die größten kulturellen Einheiten in der
Welt, die ultimativen menschlichen Stämme, die zu keiner Einheit mehr
zusammengefasst werden können, allerdings etliche Untereinheiten besitzen,
beispielsweise Dörfer, Regionen, ethnische Gruppen, Nationalitäten, religiöse
Gruppen.
Sie definieren sich über bestimmte Merkmale, die alle im jeweiligen Kulturkreis
lebenden Menschen gemeinsam haben. Hierzu zählen Herkunft, Religion,
Sprache, Geschichte, Werte, Sitten, Gebräuche und Institutionen.
Dementsprechend gehören zu jedem Kulturkreis eine gewisse Anzahl von
Staaten, welche aufgrund ähnlicher Merkmale ein Zusammengehörigkeits-
gefühl besitzen.
Innerhalb der Kulturkreise entsteht die „allgemeinste Ebene der Identifikation“,
die als Quelle der Selbstidentifikation und der gleichzeitigen Abgrenzung
gegenüber den anderen dient. Dies gipfelt bei Huntington in einem Gegenüber
von „wir“ und „sie“: die eigene, vertraute Kultur auf der einen, die fremde,
unbekannte, unheimliche Kultur auf der anderen Seite.
Von allen Merkmalen, die ein Kulturkreis besitzt, ist der entscheidende die
Religion. Letztlich definieren sich Menschen über den Glauben. Im Sinne
Huntingtons ist „Religion kein kleiner Unterschied (…), sondern vielmehr der
wahrscheinlich tiefgreifendste Unterschied, den es zwischen Menschen geben
kann.“
Auf politischer Ebene interessieren diese Kulturkreise natürlich nur in Hinblick
auf ihre Auswirkungen auf die Weltpolitik, sodass man sich fragen muss, wie
kulturelle Identifikationen in politisches Handeln übersetzt wird.
Dies beantwortet Huntington mithilfe des Begriffs der „Kernstaaten“.
Kernstaaten sind innerhalb dieser Kultur diejenigen, welche am meisten Macht
und damit eine lokale Vormachtstellung gegenüber den anderen haben somit
die Fähigkeit, zwischen Staaten ihrer kulturellen Einflussphäre für Frieden und
Ordnung zu sorgen. Kernstaaten werden zum „Hauptpool für Anziehung und
Abstoßung“ und die handelnden Kräfte, welche über die neue Weltordnung
entscheiden werden.“
Quelle: Peter Orzechowski, “Am Vorabend des Dritten Weltkrieges”,