Menschenrechte | 14.05.2010
Situation der Menschenrechte in Libyen
 
Die Versammlungsfreiheit ist in
Libyen stark eingeschränkt
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat Libyen in den UN-Rat für
Menschenrechte gewählt - internationalen Protesten zum Trotz. Ein Blick auf den
Umgang Libyens mit den Menschenrechten.
Libyen erhielt bei der geheimen Abstimmung der UN-Generalversammlung in New
York mit 155 Stimmen eine sichere Mehrheit, nur 97 Stimmen wären erforderlich
gewesen. Vor dem Votum hatten sich allerdings 37 Menschenrechtsgruppen
zusammengetan und in einem gemeinsamen Appell von der Wahl Libyens abgeraten.
Libyen sei eine der "brutalsten und langlebigsten Tyranneien", hieß es darin. Der
libysche Revolutionsführer Muammar el Gaddafi gehöre "ins Gefängnis, nicht in das
höchste Menschenrechtsgremium der Erde".
Libyens Revolutionsführer Muammar
Abu Minyar al-Gaddafi
Zwar haben sich die internationalen diplomatischen Beziehungen zwischen Libyen und
den USA sowie zu den europäischen Ländern im Laufe des Berichtsjahrs von Amnesty
International weiterhin verbessert. So reiste im September 2008 die damalige US-
Außenministerin Condoleeza Rice nach Tripolis. Zuvor hatten die beiden Staaten eine
Einigung auf Schadensregulierung im Fall des Bombenanschlags von Lockerbie erzielt.
Außerdem unterzeichnete Libyen einen Partnerschafts- und Kooperationsvertrag mit
Italien, der Regelungen für die beiderseitigen Bemühungen im Kampf gegen illegale
Zuwanderung zum Ziel haben soll.
Im November begannen Verhandlungen mit der EU über eine Rahmenvereinbarung für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Zuwanderungspolitik. Im selben Monat fanden auf
höchster Ebene Verhandlungen mit Russland statt, die die Zusammenarbeit in
Energiefragen, die zivile Nutzung der Atomenergie und die Außenpolitik zum Inhalt
hatten.
Keine freie Meinungsäußerung, aber Unterdrückung und Hinrichtungen
Menschenrechtsverletzungen werden von
den libyschen Behörden nicht verfolgt.
Libyens Bemühungen um verbesserte Verbindungen zu anderen Staaten wurden jedoch
überschattet von anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land. Die Rechte
auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit bleiben stark
eingeschränkt. Regierungskritiker werden unterdrückt, es gibt keine unabhängigen
Nichtregierungsorganisationen. Das geht aus dem Amnesty Report 2009 hervor.
Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten befinden sich weiterhin auf unbegrenzte Zeit
in Haft und werden in Gefängnissen misshandelt. Mindestens acht ausländische
Staatsangehörige wurden hingerichtet.
Unterdrückung von Andersdenkenden
Trotz mehrfacher Aufforderung versäumte es die libysche Regierung, den UN-
Sonderberichterstatter über Folter und die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche
Inhaftierungen ins Land einzuladen. Die Regierung duldet keinerlei Kritik oder
abweichende Meinungen und hält zur Bekämpfung von Andersdenkenden an
drakonischen Gesetzen fest. Das Strafgesetz und das Gesetz Nr. 71 aus dem Jahr 1972
stellen die Gründung von Parteien unter Strafe. Menschen, die von ihren Rechten auf
freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit Gebrauch machen, droht die
Todesstrafe.
Menschenrechtsverletzungen bleiben unbestraft
Dagegen werden in Libyen schwerste Menschenrechtsverletzungen immer noch nicht
bestraft. Einem Amnesty-Bericht zufolge gibt es keine Informationen über eine
Untersuchung von Vorfällen, die sich 1996 im Abu Salim-Gefängnis in Tripolis
zutrugen, als Hunderte von Gefangenen getötet worden sein sollen. In einigen
Meldungen hieß es, die Behörden hätten der Zahlung einer endgültigen finanziellen
Entschädigung an Familien der getöteten Gefangenen zugestimmt, vorausgesetzt, die
Familien legten keine Rechtsmittel ein.
Weiterhin unternahm Libyen keine Schritte, um schwerste Menschenrechtsverletzungen
vor allem in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren zu untersuchen. Darunter fällt auch
das "Verschwinden" von Hunderten von Regierungskritikern. Es wird befürchtet, dass
viele von ihnen während der Haft gestorben sind oder ermordet wurden.
Massenabschiebung von Flüchtlingen
Auch gelangen immer wieder Berichte über Folterungen und Misshandlungen von
inhaftierten Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden an die Öffentlichkeit. Ihnen
werde kein Schutz gemäß dem internationalen Flüchtlingsrecht gewährt.
Am 15. Januar 2008 gaben die Behörden ihre Absicht bekannt, alle "illegalen
Migranten" abzuschieben. Im Anschluss daran erfolgte eine Massenausweisung von
Staatsangehörigen aus Ghana, Mali, Nigeria und anderen Ländern. Mindestens 700
Eritreer - Männer, Frauen und Kinder - wurden festgenommen. Ihnen drohte die
Abschiebung in ihr Heimatland, obwohl zu befürchten war, dass sie in Eritrea schweren
Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein könnten.
Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning
Quelle : Deutsche Welle, DW-World.de
             http://www.dw-world.de/dw/article/0,,5571385,00.html