Als die Sowjetunion 1991 aufgelöst wurde, wurde auch der Warschauer
Pakt aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt hätte man auch die NATO auflösen
können und müssen. Sie wurde aber, ganz im Gegenteil, noch weiter
gestärkt und erweitert.
Im Dezember 1991 beschloss der NATO-Kooperationsrat, künftig auch
Einsätze auf fremdem Territorium („Out-of-Area“-Einsätze) durchzuführen.
Anders ausgedrückt: Jetzt, wo Russland keine Bedrohung mehr darstellte,
sahen die neokonservativen Hardliner die Chance, sich als „Weltarmee“
überall einzumischen, wo es von Nutzen war, und taten das fortan auch.
Somit wurde die NATO nach dem Zerfall der Sowjetunion von einem
Verteidigungsbündnis in eine weltweite Eingreiftruppe umgewandelt.
Dabei gab es nach 1991 durchaus ernsthafte Bemühungen, enger mit Russ-
land zusammenzuarbeiten. Es gab sogar Stimmen innerhalb der NATO, die
eine Aufnahme Russlands in das Bündnis forderten, jedoch damit scheiter-
ten.
Im Jahr 1994 wurde die Russische Föderation Mitglied des Programms
„Partnerschaft für den Frieden“, ein loses Bündnis, in dem NATO- und Nicht-
NATO-Mitglieder gemeinsame Manöver abhielten und sich über internati-
onale „Friedenseinsätze“ abstimmten.
Im Mai 1997 kam es zur Unterzeichnung der „Grundakte über gegenseitige
Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen NATO und der Russi-
schen Föderation“, kurz „NATO-Russland-Grundakte“ genannt.
Sie war der Versuch einer engeren Zusammenarbeit, sowohl auf diploma-
tischer als auch auf militärischer Ebene. Sie war der Ausdruck des Wunsches
besonnener Beteiligter auf beiden Seiten nach Frieden und Stabilität.
Dabei wurde im „NATO-Russland-Rat“ sowohl über Rüstungskontrolle als
auch etwa über die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus und des
Rauschgifthandels gesprochen.
Doch ein langfristig gutes Verhältnis scheiterte daran, dass die unvernünf-
tigen und aggressiven Kräfte in de NATO, die „Falken“, zu dominant waren.
Quelle: Michael Morris,“Was Sie nicht wissen sollen 2 - Terror,
Revolutionen, Kriege - wer und was dahintersteckt!”,
2015, Amadeus Verlag, S.297