Wie die NATO-Geheimarmeen beweisen, ist die NATO keine transparente
Organisation, was für ein militärisches Bündnis nicht weiter überraschend
ist.
Natürlich ist jede militärische Vereinigung bemüht, ihre kleinen Geheimnisse
zu haben und auch zu hüten, aber es sollten zumindest die staatlichen Füh-
rungsgremien in die Machenschaften eingeweiht sein. Wenn es in einem
Staat eine Armee gibt, von der weder der Staatschef noch der Verteidigungs-
minister etwas wissen, dann ist das nicht nur illegal, sondern extrem gefähr-
lich. Damit ist die staatliche Ordnung unterwandert. Selbst Geheimdienste
unterliegen einer gewissen staatlichen Kontrolle – zumindest auf dem Papier.
Dieser Kontrolle entzieht sich die NATO in weiten Teilen.
Die NATO ist mit 28 Mitgliedsstaaten die größte Militärallianz der Welt
und damit eine riesige Kriegsmaschinerie. Wir wissen, die Rüstungsin-
dustrie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in den USA, aber auch in Europa.
Die NATO wird vom Pentagon aus geleitet. Die USA sind die dominante
Kraft in der NATO, die Europäer und die Kanadier sind ihr untergeordnet.
Die Schweiz, Österreich, Irland, Schweden, Finnland und Malta sind keine
NATO-Mitglieder, arbeiten aber mit der NATO im Programm „Partner-
schaft für den Frieden“ zusammen.
Der NATO-Generalsekretär ist das öffentliche Gesicht der NATO. Er ist immer
Europäer. So entsteht nach außen hin der Eindruck, dass Europa die NATO
dominiere, was definitiv nicht der Fall ist. Denn die wirklich wichtige Person
ist der SACEUR (Supreme Allied Commander Europe). Er ist in der Öffent-
lichkeit eher unbekannt, hat aber die volle Entscheidungsgewalt über die
militärischen Aktionen.
Der SACEUR ist immer ein US-amerikanischer General oder Admiral, weil er
gleichzeitig der Kommandeur des US European Command (USEUCOM),
also der Oberbefehlshaber aller US-Truppen in Europa ist. Seit Mai 2013 ist
das Philip M.Breedlove (USAF).
Der SACEUR-Stellvertreter (DSACEUR/Deputy SACEUR) ist immer ein
britischer General.
Ein deutscher General ist Chef des Stabes von SHAPE (Supreme Head-
quarters Allied Powers Europe), was auf Deutsch als das “Hauptquartier der
Alliierten Streitkräfte in Europa” bezeichnet wird.
Dazu gibt es NATO-Stützpunkte über ganz Europa verteilt. Die Hack-
ordnung in der NATO ist klar definiert.
Das eigentliche „NATO-Hauptquartier“, also das politische Zentrum, sitzt seit
1967 in Brüssel, wo auch die EU ihren Sitz hat.
Zuvor war es jedoch in Paris. Warum ist es von dort weggezogen? Die Franzo-
sen erkannten bereits im Jahr 1950, also kurz nach der Unterzeichnung der
Bündnisverträge mit den USA, dass sie damit ein großes Stück Unabhängig-
keit und Selbstbestimmung aufgegeben hatten und dass ihr Militär im Grun-
de den USA unterstand.
Das wollten sie ändern. Ministerpräsident René Pleven schlug vor, eine
eigene europäische Armee aufzustellen. Er wollte kein Bündnis, sondern eine
gemeinsame Europaarmee unter einem europäischen Verteidigungsminister
schaffen.
Die Amerikaner waren weniger begeistert. Unter General Charles de Gaulle
fand dann im Lauf der 1950er-Jahre der schleichende Rückzug der Franzo-
sen aus der NATO statt. Sie behielten zwar ihren Sitz im Atlantikrat, unter-
stützten die NATO aber nicht mehr mit eigenen Truppen. Sie wollten nicht
im Schatten der USA stehen und konzentrierten sich fortan auf ihr eigenes
Atomprogramm.
So musste die NATO aus Frankreich wegziehen. Doch um ihren Einfluss auf
Frankreich nicht zu verlieren , gründeten die USA nacheinander ihr „Komi-
tee für ein vereintes Europa“ (Committee for a United Europe), die „Europä-
ische Föderalistische Bewegung“ und ab 1955 das “Aktionskomitee für die
Vereinigten Staaten von Europa”, dessen Vorsitzender der französische
Geschäftsmann Jean Monnet war.
Die Franzosen konnten sich also dem Einfluss der USA nicht entziehen, so
sehr sie sich auch bemühten.
1992 nahm Frankreich an den NATO-Operationen im Kosovo teil, später
auch an militärischen Aktionen in Afghanistan. Sukzessive ordneten sie sich
wieder der NATO unter. Ab 2004 waren französische Militärs wieder im
NATO-Stab präsent. Seitdem sind französische NATO-Soldaten wieder
weltweit im Einsatz. (S.298ff.)