Die Oligarchie (vom griechisch oligarchia „Herrschaft von Wenigen“,
zusammengesetzt aus oligoi „Wenige“ und archç „Herrschaft“) ist in der klassischen
(antiken) Verfassungslehre die Entartung der Aristokratie. Zur Abgrenzung von
dieser Bedeutung und in Besinnung auf den eigentlichen Wortsinn wird heute auch
der an sich gleichbedeutende Begriff Oligokratie (griech. êñáôßá kratía
„Herrschaft“, „Kraft“, „Stärke“) verwendet.
Die Oligarchie bei Platon (427–347 v. Chr.) ist die gesetzlose Herrschaft der Reichen,
die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind. Sie fällt wie die Aristokratie unter die
Herrschaft der Wenigen, wobei diese als gesetzmäßige, am Gemeinwohl
ausgerichtete Herrschaft gilt. Diese Idee wurde zunächst von seinem Schüler
Aristoteles (384–324 v. Chr.), und später vom griechischen Historiker Polybios (um
200 v. Chr.–etwa 118 v. Chr.) weiterentwickelt.
Grundsätzlich bestand in der antiken Staatstheorie seit Platon die Idee, dass jede am
Gemeinwohl orientierte Herrschaftsform (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) ein
entartetes, nur an den Interessen der Herrschenden orientiertes Gegenstück hat
(Tyrannis, Oligarchie, Ochlokratie).
Die ungarische Geschichtsschreibung verwendet den Begriff Oligarchen für die
einflussreichen Adligen des 13. und 14. Jahrhunderts, die schließlich von 1301 bis in
die 1320er-Jahre die Herrschaft über eigene Kleinkönigtümer erlangten.
Heute wird der Begriff zumeist im weiteren, wörtlichen Sinne verwendet:
In jeder komplexen Gesellschaft kommt es zu einer Aufteilung der Betätigungsfelder,
auch der politischen Ordnungs- und Leitungsfunktionen. So bildet sich eine
herrschende Schicht heraus, die sich nicht immer durch staatsmännische Qualitäten
(als „Aristokratie“) auszeichnen muss, sondern sich oft auch nur durch ihre Abkunft,
ihren Besitz oder ihre Funktionen von den anderen abhebt.
Robert Michels (1876–1936) spricht im Anschluss an Gaetano Mosca von einem
„ehernen Gesetz der Oligarchie“. In den modernen Staaten gehören zu solchen
Machteliten insbesondere die Spitzenfunktionäre der politischen Parteien, die meist
zugleich Regierungsmitglieder sind, leitende Beamte der staatlichen Bürokratie,
hohe Militärs, Großaktionäre, Industriemanager, führende Gewerkschaftsfunktio-
näre, Pressezaren, leitende Redakteure einflussreicher Massenmedien und Inhaber
hoher religiöser Ämter.
Zu den wichtigen Strukturmerkmalen der Oligarchien gehört das Maß, in dem sie für
eine Ergänzung aus der Gesamtbevölkerung offen sind oder zu einer Verkrustung,
insbesondere zu einer Verfestigung durch Erbgang neigen. Dass die repräsentative
Demokratie stark mit oligarchischen Komponenten durchsetzt ist, hebt insbesondere
Karl Loewenstein (1891–1973) hervor.
In Russland wird der Begriff Oligarch seit den 1990er Jahren auch verwendet, um
Geschäftsleute zu bezeichnen, von denen die Allgemeinheit annimmt, dass sie in der
chaotischen Zeit nach der Auflösung der Sowjetunion durch unrechtmäßige Mittel zu
großem Reichtum und politischem Einfluss kamen. Der Begriff wurde in Bezug auf
Russland auch von deutschen und internationalen Medien aufgenommen. Seit den
Präsidentschaftswahlen im Jahr 2004 wird der Begriff auch in Bezug auf die Ukraine
gebraucht.