Hirsi Ali schreibt dazu: “In Saudi-Arabien begegnete mir als kleinem Kind
zum ersten Mal die ganze Macht des Islam. Dieser Islam unterschied sich
grundlegend von dem Religionsmischmasch meiner Großmutter, in dem der
Islam mit Zauberei und vorislamischen Glaubensinhalten vermengt war.
Saudi-Arabien ist die Quelle des Islam und seine Quintessenz. Dort wird die
Religion der Muslime in ihrer reinsten Form praktiziert, und dort liegt der
Ursprung für einen Großteil der  fundamentalistischen Visionen, die sich im
Laufe meines Lebens weit über die Landesgrenzen ausgebreitet haben.
In Saudi-Arabien war jeder unserer Atemzüge, jeder unserer Schritte von
der Vorstellung von Reinheit und Sünde sowie von Angst durchdrungen.
Wunschvorstellungen von einem friedlichen Islam können über diese
Realität nicht hinwegtäuschen: Noch immer werden Hände abgeschlagen,
Frauen gesteinigt und versklavt – alles ist genauso, wie es der Prophet
Mohammed vor 1300 Jahren niederlegte. 
Das Denken, das mir in Saudi-Arabien und innerhalb der Muslimbruder-
schaft in Kenia und Somalia begegnete, ist unvereinbar mit Menschen-
rechten und freiheitlichen Grundwerten. Es bewahrt eine feudale Struktur,
die auf Stammeskonzepten der Ehre und der Schande basiert. Es fußt auf
Selbsttäuschung, Heuchelei und doppelter Moral, denn es hängt von den
technischen Fortschritten des Westens ab, während es deren Ursprünge im
westlichen Denken ignoriert.”
Quelle: Ayaan Hirsi Ali, “Mein Leben, meine Freiheit”,
             Piper Verlag, Taschenbuchausgabe 2007, S.486