Die Ära der „schmutzigen Kriege“ und die „Operation Condor“
Schmutzige Kriege von Militärdiktaturen gegen die eigene Bevölkerung, das
heißt die gewaltsame illegale Unterdrückung jeglicher Opposition, breiteten sich
auf dem gesamten Kontinent aus. Dies wurde in der Regel vom massiven Ein-
satz so genannter Todesschwadronen begleitet, die faktisch informelle staatliche
Mordkommandos waren und politische Gegner illegal umbrachten oder „ver-
schwinden ließen“.
Diese Entwicklung gipfelte ab 1976 in der Operation Condor.
Die Operation fußte auf einer streng geheimen Vereinbarung zwischen
Geheimdiensten des Südkegels und anderer südamerikanischer Länder zur
gemeinsamen Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung politischer Gegner
unter Mithilfe der USA.
Als Folge der Operation und begleitender direkter Maßnahmen der beteiligten
Militärdiktaturen gegen Oppositionelle wurden mehrere hunderttausend Men-
schen getötet, von denen die Mehrzahl gewaltsam verschwand, die so
genannten Desaparecidos.
In einem Text der Heinrich-Böll-Stiftung wurde diese Phase wie folgt
beschrieben:
„Ideologisch aufgerüstet mit der auch von den USA inspirierten Doktrin der
Nationalen Sicherheit begründeten die lateinamerikanischen Militärs seit den
sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ihren Anspruch auf eine zentrale
Rolle in Staat und Gesellschaft. Sie sahen sich als einzige Kraft, die in der Lage
sei, den Nationalstaat zu führen. Die Militärdiktaturen übernahmen die Kontrol-
le über die nationale Entwicklung und die Innere Sicherheit. Legitimiert wurde
dies mit dem Konstrukt eines „inneren Feindes“, der zur Verteidigung der „nati-
onalen Interessen“ physisch vernichtet und zu dessen Bekämpfung weite Teile
der Bevölkerung kontrolliert werden mussten.“
Kissinger und die argentinische Diktatur
1976 ergriff das Militär auch die Macht in Argentinien. Die argentinische
Militärjunta ging davon aus, die Billigung der USA für massive Gewalt gegen
politische Gegner zu haben, um deren „Terrorismus“ zu bekämpfen.
Dies beruhte unter anderem auf mehreren Treffen des argentinischen Außen-
ministers Admiral Guzzetti mit US-Außenminister Henry Kissinger ab Juni
1976, wobei dieser gegen die anfängliche Erwartung der Generäle zustimmende
Signale zu einem harten Vorgehen zur Lösung des argentinischen „Terrorismus-
Problems“ gegeben hatte.
Robert Hill, der damalige Botschafter der USA in Argentinien, beschwerte sich
in Washington über die „euphorische Reaktion“ von Guzzetti nach dem Treffen
mit Kissinger. Guzzetti hatte danach den anderen Regierungsmitgliedern berich-
tet, nach seinem Eindruck würde es den USA nicht um Menschenrechte gehen,
sondern darum, dass die ganze Sache „schnell gelöst“ würde.
Die Militärjunta lehnte in der Folge Ermahnungen der US-Botschaft bezüglich
der Einhaltung der Menschenrechte ab und verwies zur Begründung auf Kissin-
gers „Verständnis“ für die argentinische Situation. Hill, der zu dieser Zeit selbst
um das Leben mehrerer vom Militär entführter Botschaftsmitarbeiter kämpfte,
schrieb nach einem weiteren Treffen der beiden:
„[Der argentinische Außenminister] Guzzetti wandte sich an die USA in der
vollen Erwartung, starke, deutliche und direkte Warnungen zur Menschenrechts-
praxis seiner Regierung zu hören; stattdessen kam er in einem jubilierenden
Zustand (engl. ‚state of jubilation‘) nach Hause, überzeugt von der Tatsache,
dass es mit der US-Regierung kein echtes Problem in dieser Sache gäbe.“
In den nächsten sieben Jahren ermordeten die Militärs bis zu 30.000 Menschen,
die sie überwiegend spurlos verschwinden ließen. Diese Zeit wurde als
„Schmutziger Krieg“ bekannt.
Mehrere hunderttausend Opfer
Das US-Militär unterstützte auch den Cocaine Coup von Luis García Meza
Tejada 1980 in Bolivien, trainierte die konterrevolutionären „Contras“ in
Nicaragua, wo die von Daniel Ortega geführte Frente Sandinista de Liberación
Nacional 1979 den US-gestützten Diktator Somoza gestürzt hatte, und militäri-
sche Kräfte im Guatemaltekischen Bürgerkrieg sowie in El Salvador.
Im Rahmen der Operation Charly, die von den USA unterstützt wurde, expor-
tierte das argentinische Militär staatsterroristische Taktiken nach Mittelamerika,
wo schmutzige Kriege bis weit in die 1990er Jahre hinein geführt wurden und
in deren Folge hunderttausende Menschen spurlos verschwanden oder von
Todes-schwadronen ermordet wurden.
Allein in El Salvador ermordete die US-gestützte Diktatur binnen kurzer Zeit
Anfang der 1980er Jahre etwa 40.000 politische Gegner (siehe unten), bis zum
Ende des Jahrzehnts stieg die Opferzahl dann auf knapp das Doppelte.
Die Gesamtbilanz der lateinamerikanischen Repressionspolitik der 1970er und
1980er Jahre schätzen Menschenrechtsorganisationen wie folgt ein: Etwa 50.000
Menschen wurden von den rechtsgerichteten Regimen direkt ermordet, rund
350.000 gelten als dauerhaft „verschwunden“, und 400.000 wurden zeitweise
aus politischen Gründen gefangen gehalten.
Der Dramatiker Harold Pinter thematisierte diese Geschehnisse, sowie die seiner
Meinung nach fehlende Berichterstattung darüber in westlichen Medien, in sei-
ner Nobelpreisrede im Jahr 2005:
„Nach dem Ende des 2. Weltkriegs unterstützten die Vereinigten Staaten jede
rechtsgerichtete Militärdiktatur auf der Welt, und in vielen Fällen brachten sie
sie erst hervor. Ich verweise auf Indonesien, Griechenland, Uruguay,
Brasilien, Para-guay, Haiti, die Türkei, die Philippinen, Guatemala, El
Salvador und natürlich Chile. Die Schrecken, die Amerika Chile 1973 zufügte,
können nie gesühnt und nie verziehen werden.
In diesen Ländern hat es Hunderttausende von Toten gegeben. Hat es sie
wirklich gegeben? Und sind sie wirklich alle der US-Außenpolitik
zuzuschreiben? Die Antwort lautet ja, es hat sie gegeben, und sie sind der
amerikanischen Außenpolitik zuzu-schreiben.
Aber davon weiß man natürlich nichts. Es ist nie passiert. Nichts ist jemals
passiert. Sogar als es passierte, passierte es nicht. Es spielte keine Rolle. Es
interessierte niemand. Die Verbrechen der Vereinigten Staaten waren
systematisch, konstant, infam, unbarmherzig, aber nur sehr wenige
Menschen haben wirklich darüber gesprochen. Das muss man Amerika
lassen. Es hat weltweit eine ziemlich kühl operierende Machtmanipulation
betrieben, und sich dabei als Streiter für das universelle Gute gebärdet. Ein
glänzender, sogar geistreicher, äußerst erfolgreicher Hypnoseakt.“
Die Doktrin der „Nationalen Sicherheit“
Die autoritären Regime betteten ihre eigene Politik damit in die US-Doktrin der
„Nationalen Sicherheit“ ein, um einem Umsturz von innen vorzubeugen. Sie
zerschlugen so gewaltsam die linke Opposition und verfolgten wirtschaftlich
meist eine neoliberale Wirtschaftspolitik.
Chile wurde unter der Leitung der Chicago Boys, die von Milton Friedmans
Monetarismus beeinflusst waren, zum Testfeld einer wirtschaftlichen
Schocktherapie.
Trotz dieser militaristischen Tendenzen führten lateinamerikanische Länder
zwischen 1942 und 1981 keine interstaatlichen Kriege. Es gab lediglich Grenz-
konflikte. Die Verteidigungshaushalte der Staaten blieben während dieser Zeit
im weltweiten Vergleich unterdurchschnittlich klein und umfassten meist
deutlich weniger als zehn Prozent der Gesamtausgaben.
Der Einfluss der „Französischen Doktrin“
Die französische Journalistin Marie-Monique Robin hat umfangreich darüber
publiziert, dass die der staatlichen Unterdrückung zu Grunde liegenden Techni-
ken teilweise auf der so genannten französischen Doktrin beruhten, die in den
1950er Jahren vom dortigen Militär für den Algerienkrieg entwickelt worden
waren. Sie wurden danach nach Lateinamerika exportiert, wo sie in den 1970er
Jahren zuerst im großen Stil in den Militärdiktaturen in Chile und Argentinien
Anwendung fanden. Französische Militär- und Geheimdienstberater spielten
demnach eine wichtige Rolle bei der Ausbildung einiger der an der Operation
Condor beteiligten Geheimdienste.
Quelle:Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Beziehungen_zwischen_
Lateinamerika_und_den_Vereinigten_Staaten) Stand Dez.2016
dort gibt es weitere Quellenangaben