Im alten China, Japan und Korea wurden Urin und Kot sorgsam
gesammelt, noch heute nennen Chinesen den Urin „Düngewasser“. Die
Römer gaben ihrem Gott Saturn den Beinamen Stercutius oder auch
Sterculus, er lehrte die Menschen den Umgang mit Kot und die Düngung
der Felder.
Auch aus der griechischen und römischen Antike sind Berichte bekannt,
wonach Urin und Fäkalien in Vasen, Eimern oder sonstigen tragbaren
Gefäßen gesammelt wurden. Bei antiken Toilettensitzen aus Stein findet
man nicht nur runde Löcher, sondern auch oft tiefe, nach vorn gezogene
Schlitze mit runden Aussparungen (….) Auch der Ausspruch des von 69
bis 79 nach unserer Zeitrechnung regierenden römischen Kaiser
Vespasian „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) geht darauf zurück, dass
in den öffentlichen Bedürfnisanstalten des alten Roms Urinsammel-
gefäße standen. Urin wurde als begehrter Rohstoff und Reinigungs-
mittel gesammelt und besteuert. (…)
Die ersten wassergespülten Toiletten gab es in Europa zwar bereits im
16. Jahrhundert, doch zwei Jahrhunderte lang konnten sie sich nicht
durchsetzen. Noch bis zum Beginn des 20.Jahrhunderts wurden in
großen und kleinen Städten wie Paris, Berlin, Lübeck, Heidelberg und
Weimar menschliche Stoffwechselprodukte mit Kübelsystemen
abtransportiert und als begehrter Dünger genutzt.
Diese Abfuhrsyseme waren ähnlich organisiert wie unsere heutige
Müllabfuhr und hatten gegenüber Senk- und Sickergruben den Vorteil,
dass sie das Grundwasser nicht belasteten. In Leipzig, Kiel oder Berlin
wurde der Inhalt de Kübel nach Pariser Vorbild in durchdachten
Kompostieranlagen – Paudrette-Fabriken – mit Zuschlagstoffen zu einem
gefragten Dünger weiterverarbeitet. Das damals gängige Plumpsklo
stand oft an einem Ort, wo Fest und Flüssig halbwegs erfolgreich
getrennt werden konnten. Auf einem Bauernhof war das der Misthaufen,
da hier der Urin in die Jauchegrube abfließen konnte und die Feststoffe
im Stapelmist verwertet wurden.
Der Nachttopf ist ebenfalls eine elegante Form zur Urinabtrennung.
Nutzte man ihn ausgiebig, brauchte man das Plumpsklo fast nur für die
Feststoffe, also stank es dort weniger. Es gab sogar Urintöpfe, die Frauen
unter ihren Röcken in der Öffentlichkeit benutzen konnten.
Eine Bourdaloue in Form einer Sauciere kam im 18. Jahrhundert
kurzzeitig in Mode. Sie steckte in einem schicken Lederfutteral und
konnte auch als Reisetoilette genutzt werden. Den im Topf gesammelten
Urin schütteten die Frauen wahrscheinlich nicht in das Plumpsklo,
sondern in den Garten zum Düngen. Auf die Idee, mit dem eigenen
Goldwasser und Kot vor der eigenen Tür zu verschmutzen, kamen nur
Städter, die den Bezug zum Boden verloren hatten.
Albrecht Daniel Thaer, der als Begründer der Agrarwissenschaft gilt,
schrieb 1806: „Es ist ein sonderbares und höchst nachteiliges Vorurteil,
welches, mit wenigen Ausnahmen, bei den meisten Völkern Europas
gegen den Gebrauch der menschlichen Exkremente als Dünger herrscht.
Würden diese sorgfältig aufbewahrt, mit Vegetabilien vermischt, und im
gerechten Zeitpunkt der Gährung auf den Acker gebracht, so könnten sie
zur Noth allen anderen Dünger entbehrlich machen.“
Im 19.Jahrhundert gab es deshalb einen heftigen Streit, ob es eine
Aufgabe der wachsenden Städte sei, Dünger für die Landwirtschaft zu
produzieren. Doch die sich entwickelnde Mineraldüngerindustrie setzte
sich letztlich durch. Sie erschien als zeitgemäße Alternative.