Wieland Schneider (stv.Leiter des Ressorts Außenpolitik der österreichischen
Tageszeitung „Die Presse“), der die Konflikte im Nahen Osten seit 2003 vor Ort
mitverfolgt, weist in seinem Buch”Krieg gegen das Kalifat” darauf hin, dass die
Konflikte in Syrien und im Irak entscheidend waren für den Aufstieg des soge-
nannten „Islamischen Staates.“ Deshalb wäre - um den Niedergang des „IS“
herbeizuführen - eine Lösung dieser Konflikte entscheidend.
Und hier gibt es nun (Nov.2015) anscheinend Hoffnung. So fanden am
30.Oktober erstmals Verhandlungen auf internationaler Ebene zur Beendi-
gung des Krieges im Syrien statt, diese sollen bald fortgesetzt werden ...
Was Europa betrifft, sieht Wieland Schneider keine direkte militärische
Gefahr, denn „der IS mag Angst verbreiten mit den bizarren Drohungen, bald
nach Europa zu kommen, und mit seinen Fantasie-Landkarten, die ein „Kalifat“
zeigen, das bis Spanien und Österreich reicht. Eine direkte militärische Gefahr
für Europa geht vom „Islamischen Staat“ aber nicht aus. Die IS-Einheiten sind
zwar gut gerüstet, gegen moderne westliche Streitkräfte hätten sie auf einem
offenen Schlachtfeld aber keine Chance.“ (S.246)
Ein Problem für Europa ist aber die wachsende Terrorgefahr. Dies sei aber
teilweise auch ein hausgemachtes Problem: „In Europa muss man sich noch
intensiver als bisher die Frage stellen, was man dagegen tun kann, dass sich
junge Männer, die in den europäischen Gesellschaften aufgewachsen sind,
dem IS anschließen. Dass letzten Endes Staatsbürger europäischer Länder
nach Syrien und in den Irak ziehen, um dort unter der schwarzen Flagge des IS
schwere Verbrechen an der lokalen Bevölkerung zu begehen.“ (S.246)
Und er gibt auch zu bedenken: solange das „IS-Kalifat“ besteht, befindet sich
vor Europas Haustür ein „Staatsgebilde“, in dem Mord, Unterdrückung und
sogar Sklaverei zur abnormen „Normalität“ zählen (was in großem Ausmaß
gegen die UNO-Menschenrechts-Charta verstösst !!). Dazu kommt, dass der
„IS“ auf Eroberung und militärische Aggression gegenüber den Nachbarn aus-
gerichtet ist. Daher trägt seine Existenz maßgeblich zur Instabilität an Europas
Grenzen bei – mit allen Auswirkungen bis hin zu massiven Fluchtbewegungen.
Deshalb brauche es nach Ansicht von Wieland Schneider seitens der Europäer
und der USA weitaus größere (einschließlich militärischer) Anstrengungen zur
Lösung der Konflikte in der Region ...
Allerdings sollte dabei beachtet werden, dass alleine mit Luftangriffen und
Bombardierungen der IS wahrscheinlich nicht zu besiegen sein wird. Und
außerdem sollte bedacht werden, dass ein Luftkrieg für eine “humanitäre
Intervention” ungeeignet ist ...
Außerdem weist W.Schneider darauf hin, dass, auch wenn das „Kalifat“
zusammenbrechen sollte, deren Geisteshaltung und Ideologie wahrscheinlich
nicht so rasch verschwinden werden.
Die Europäer und Amerikaner müssten daher dem auch ihre eigene Geistes-
haltung gegenüberstellen: eine, in der Freiheit und die Würde aller Menschen
zentral sind. Schneider: „Bei der Vermarktung dieser Ideen waren Amerikaner
und Europäer gerade in der arabischen Welt in der Vergangenheit nicht sehr
erfolgreich: Weil sie sich den Vorwurf gefallen lassen mussten, ihre eigene
Politik nicht nach den Werten auszurichten, die sie offiziell vertreten. Das Bild
von Europa und seinen Werten wird auch davon mitbestimmt werden, wie die
EU-Staaten mit all den Flüchtlingen umgehen, die derzeit in der Union Schutz
suchen. Zigtausende Menschen aus Syrien und dem Irak versuchen sich auch
deshalb in die EU zu retten, weil sie davon ausgehen, hier etwas zu finden, das
sie in ihren Heimatländern so schmerzlich vermissen: Sicherheit, Frieden und
die Wahrung der Menschenwürde.“ (S.247 ff.)
Ebenfalls von großer Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang auch die
Lösung der Kurdenfrage. Denn der Konflikt zwischen den Kurden und der
türkischen Regierung – die anscheinend mit allen Mitteln einen Kurdenstaat
verhindern will - droht nun die Region weiter zu destabilisieren .
Außerdem sind die Kurden die wichtigsten und verlässlichsten Verbündeten
des Westens im Kampf gegen den IS ...